Die Woche: Syphilis, Moral, Presse und mit App nackt bis aufs Hemd
Das Idiotenspiel um Online-Dating und Syphilis ist inzwischen abgeebbt, also wurde es mal Zeit, Ross und Reiter zu nennen: Hetero-Männer waren ebenso wenig gemeint wie Hetero-Frauen, aber ungeachtetdessen: Treffen kann es jede und jeden. Das wussten wir aber schon vor diesem unsäglichen, reißerischen Presserummel.
Die Presse – mal verfälscht sie, mal klärt sie auf
Die Presse hat sich mit der angeglichen „Berichterstattung“ über den Zusammenhang von Syphilis und Online-Dating im Grunde so blamiert wie selten zuvor. Nur schämt man sich heute offenbar nicht mehr, schlecht recherchierte Artikel anderer Medien abzuschreiben und auf diese Weise Falschmeldungen weiter zu verbreiten. Kein Wunder, wenn es mehr und mehr Menschen in Deutschland gibt, die gar nichts mehr glauben, was in der Zeitung steht. Jedenfalls fand ich nach einigen Recherchen den Original-Bericht des Ministeriums. Hey, ihr Luschen in Deutschlands Redaktionen: Das hätte euer Volontär auch hingekriegt.
Allerdings macht die Presse auch mal was richtig: Eine Aktion des Singlebörsen-Vergleichs kam bei den Redaktionen gut an – und sie ist tatsächlich eine Sensation: Benutzer von Dating-Apps werden datentechnisch ausgezogen bis aufs Hemd. Tja, was sind da noch Aktfotos im Internet? Deine Haut interessiert kaum noch jemanden, dein Musikgeschmack aber offenbar alle.
Heiraten – nach wie viel Jahren ab dem Kennenlernen?
Meine Aversion gegen Prunk-und Protzheiraten ist ja bekannt. Aber wann sollte man eigentlich heiraten? Mein Rat wäre: Nach einem Jahr ab Verlobung, wobei Verlobung der Zeitpunkt ist, an dem man beschlossen hat, gemeinsam in die Zukunft zu gehen.
Sex, Moral, falsche Moral,Geheimnisse und Frösche zurückwerfen
Das Edelmenschen-Geschwätz und die Pseudomoral um den „Sex beim ersten Date“ gingen mir schon immer auf den Keks. „Unten an der Basis“ sieht die Sache ganz anders aus. Entweder man tut’s oder man tut’s nicht, und die Gründe dafür sind wirklich alltäglich. Es gibt eigentlich nur einen Grund, es nicht zu tun: Abwarten, weil man sich sonst zu schnell in etwas verwickeln könnte.
Die Sache mit der absoluten Ehrlichkeit bei Profilen und ersten Dates ist eine Erfindung von Leuten, die ein bisschen Moral verkaufen wollen. In Wahrheit geht es darum, die positiven Seiten der Person geschickt zu vermarkten. Was denn eigentlich sonst?
Geheimnisse gehören zu manchen Frauen wie der Nippelring zur Vorstadtschönheit. Na ja, Ina sieht das positiver. Und spricht von etwas, das ich noch nicht kannte: After-Sex-Selfies. Ich dachte immer, es wären die During-Sex-Selfies, die gerade die Runde machen. Da sieht man mal wieder, wie alt ich geworden bin. Ich verpasse alle Trends …
Letztens hatte ich Ina ein paar Kolumnen schreiben lassen, weil ich dachte, eine längere Auszeit zu nehmen. Die letzte dieser Kolumnen ging heute online. Es geht ums Frösche küssen und zurück in den Brunnen werfen.
Merkwürdige „Zukunftsstudie“ ohne Bodenhaftung
Ob da wohl jemand einen Riesenbock geschossen hat? FRIENDSCOUT24 hatte einen Zukunftsforscher gebeten, eine Studie zu erstellen, wie es wohl weitergeht mit dem „Dating“. Schade, wenn man technikgläubig ist und nur ein paar Trends hochrechnet, so, als ob sich jeder Trend unendlich fortsetzen und dabei enorm steigern würde. Dazu kommen begriffe, die selbst ich noch nie im Zusammenhang mit Online-Dating gehört hatte, wie zum Beispiel „Flexicurity Flirts“. Ach nee, Leute – etwas mehr Bodenhaftung hätte da wirklich nicht geschadet.
DIE ZEIT bringt Gespräch mit Branchenkenner Arne Kahlke
Die Wochenzeitung DIE ZEIT“ ließ den Branchenkenner Arne Kahlke ausführlich und detailliert zu Wort kommen. Was Kahlke sagt, ist teils beachtenswert, teils trivial. Oder kurz: Die gute Analyse des Marktes begeistert, aber die Zurückhaltung beim Einblick in das „System Online-Partneragentur“ enttäuscht. Kritische Fragen der ZEIT-Redaktion? Fehlanzeige. Ich komme noch drauf zu sprechen. Deshalb: Hier noch kein Link.
Die Branche – Kurioses, Schräges und 107 Millionen Singles
Dummes, Dreistes und Unausgegorenes über den ersten Kontakt liest derzeit man viel. Nachdem ich diesen Artikel schrieb, habe ich schon wieder mal gelesen, dass „Frauen gerne hätten, wenn Männer etwas mehr Text schreiben würden.“ Ja, ja – gilt für Spielzeug-Singlebörsen. In Wahrheit sollten Texte in Erstkontakten kurz und prägnant sein.
Interessantes aus der Branche: Fernsehwerbung lohnt sich offenbar nicht so richtig, weil sie zwar bekannt wird, aber kaum ankommt. Und weil diese Werbung die Marke nicht unbedingt beliebter macht. Wir erinnern uns: Erst, als ein neuer Wettbewerber enorm in die Fernsehwerbung einstieg, ging die teure Jagd um den fernsehaffinen Single los. Und seither herrscht zwischen den Marken Hauen und Stechen. Obgleich es eigentlich nur noch zwei Konzerne und einen Außenseiter gibt, die ernsthaft miteinander konkurrieren.
Oh ja, die Branche: Die „Daten der Schönen“ wurden angeblich gehackt und dann von den Datendieben verhökert. 1,1 Mio. Datensätze. Doch was steckt wirklich hinter dem Portal, auf dem sich die vermeintlich „Schönen“ treffen? Und warum gehen die „Schönen“ überhaupt auf Dating-Portale, wenn sie doch so heiß begehrt sind? Wie dem auch sei: Tags drauf schrieb eine eher als App bekannte Webseite, wie Männer trotzdem nur die allerschönsten Frauen kennenlernen können. Ach! Die in der durchbrochenen Bluse mit den Schlafzimmeraugen: Ey, war die süß! Hätte gerne mal den Namen der Modellagentur, denn auch ich könnte dieses Blog ja mal mit „Traumfrauen“ aufmotzen. „Die kannst du kennenlernen, du musst nur …“
Überschriften und Texte passen oft nicht zusammen – gut. Aber was haben die Frühlingsgefühle mit der statistischen Beliebtheit von Gelegenheitssportlern zu tun?
Und dann waren dann noch … oh ja, die 107 Millionen Deutschen, die auf Partnersuche sind nebst Männern, die nichts als heiraten wollen und einem Tipp für Paare: Füße massieren.
Viel Text heute? Nun ja … Hauptsache, sie lesen den einen oder anderen Absatz. Mögen Sie eigentlich Ina? Ich glaube, sie hat inzwischen Fans – hier ist ein beliebter Artikel: „Jüngerer Mann oder älterer Mann?“