Verliebtheit ist ein Ausnahmezustand
Wer sich mit der Partnersuche und Partnerwahl beschäftigt, kommt um ein Thema nicht herum: Die Liebe wir vielleicht, wie manche flapsig sagen, „per Mausklick gesucht“. Aber gefunden wird sie nicht „per Mausklick“. Und mal ganz nüchtern und brutal: Die Partnersuche hat zwar etwas mit der Liebe zu tun, sie ist aber nicht ihr erste Instanz.
Nähe kontra Persönlichkeitswerte
Ich habe darüber teilweise schon gestern geschrieben. Wenn wir die Partnersuche genau nehmen, dann ist sie ein Puzzle aus Wünschen und Vorstellungen: Bildung, Status und Mittel, Persönlichkeitswerte und Gesundheit, Herkunft und Aussichten sollen angeblich beachtet werden. Einige der von Online-Partnervermittlungen bezahlten Psychologen und manche Institute wollen uns sogar suggerieren, dass es dafür Formeln gibt. Dies muss gleich sein, jenes kann gleich sein, etwas anderes kann auch unterschiedlich sein – so liest man gegenwärtig die Orakel-Suppe. Aber eigentlich sucht die große Masse „in der Nähe, bodenständig, mit gutem Einkommen und ohne große Macken.“
Diese Aussage klingt ganz anders, nicht wahr? Und sie ist auch diejenige, die am ehesten zutrifft. „Herr/Frau Mustermann sucht Nähe in der Nähe“, sage ich mal flapsig. Und Nähe bringt beide zusammen: bei der Vorauswahl, bei der Auswahl oder beim Date. Ist man mal beim Date angelangt, ist man sich ohnehin nahe und es gibt die Chance, sich noch näher zu kommen – jetzt gleich oder auf Zeit.
Verliebtheit ist nichts als der verkappte Fortpflanzungstrieb
Und dazu ist nur eines nötig: Körperliche Begierde auf beiden Seiten, ausgelöst durch weiß-der-Deibel-was. Ob sie innerhalb derselben Nacht vollzogen wir oder drei Nächte später, spielt dabei keine Rolle.
Und erst ab dann – ei, ei, können Frau und Mann so langsam die Elemente der Liebe ins Körbchen einsammeln, und damit sollten sie fertig sein, bevor die Verliebtheit verglüht.
Wer das sagt? Ich? Aber nicht doch. Ich weiß es, weil ich alt genug bin, es zu begreifen. Viele Menschen mit 25, ja sogar 35 und 45 begreifen es leider nicht.
Falls Sie jetzt nach dem wissenschaftlichen Beweis fragen: Wenn sie mal irgendwo auf einem sogenannten Gymnasium herumgesessen haben, sollten Sie’e wissen. Wenn nicht, lesen Sie mal diese Sätze des Paartherapeuten Holger Kuntze:
Verliebtheit ist ein evolutionärer Ausnahmezustand, der mit Kampf, Angst, Achterbahnfahren oder Kokainkonsum gleichzusetzen ist. Es kommt zu Aktivitäten in der Stammhirnregion. Adrenalin und Dopamin werden ausgeschüttet. Das sind sogenannte laute Botenstoffe, die ordentlich in unser Körperempfinden reinknallen. Verliebtheit lässt sich nicht auf Dauer haben, weil der Körper das runterreguliert. Liebe ist das, was folgt …
Sehen Sie, das schreibt ein Fachmann. Und Sie dürfen diesen Passus gerne glauben, auch wenn Sie mir misstrauen. Liebe ist etwas für Leute, die sich Zeit nehmen. Also nehmen Sie sich diese Zeit, wenn Sie aus der Verliebtheit eine Liebe aufbauen wollen.