Die Woche: Dating-Burnout, Begierde und Lebensentwürfe
Liebe Freunde, es ist soweit: Wer die Partnersuche als Rattenrennen betreibt, wer zu hohe Erwartungen an sich selbst und an ander hat, der bekommt ein neues pseudo-psychologisches Etikett: Dating-Burnout.
Sehen wir Onlinedating mal ohne Sahnehäubchen und Liebesperlen: Da wäre zunächst mal eine Grundannahme, die völlig unsinnig ist: „Eigentlich habe ich es doch gar nicht nötig, und wenn ich es schon tue, dann will ich wenigstens das Beste absahnen.“
Unzufrieden mit sich selbst und mit anderen
Und schon beginnt das mörderische Rattenrennen. Heißt: Du bist mit dir selbst nicht zufrieden, weil du mit anderen nicht zufrieden bist, und andere sind mir nicht zufrieden, weil du mit dir selbst nicht zufriedene bist. Endstation Klapse? Oder „nur“ Dating-Burnout? Nein – ein Zeitzeichen dafür, dass etwas nicht in Ordnung ist mit euch, wenn ihr Online-Dating als Jagd auf die „absolute“ Beziehung versteht.
Die Lust am Dating will nicht enden – das andere Extrem
Übrigens gibt es auch die entgegengesetzte Manie: die Lust am Date, aber nicht an der Beziehung. Auch sie wurde schon mehrfach festgestellt, und früher beschrieb man sie auch so: „Nicht im Ankommen, im Reisen liegt die Lust.“ Und während vor 30 Jahren nur Männer bezichtigt wurden, so zu denken, gibt es heute eben auch Frauen, die sich an Männern und Lüsten entlanghangeln, wie es ihnen gefällt. Wen interessiert, warum weibliche Sexualität nicht längst neu definiert wurde, solle sich einmal mit dem Wort „Deutungshoheit“ beschäftigen – und dann darum, warum viele Frauen zu schamhaft sind, sich zu ihren sinnlichen Begierden zu bekennen.
Früher die Lust ausleben, und sich dann früher binden
Wahrheiten werden nicht gerne gehört: Früher die Lust ausleben, um früher zu heiraten, zum Beispiel. Stattdessen wollen vor allem die jungen Frauen „alles und noch viel mehr“, aber Bitte schön bis mindestens 30. Und alles auf höchstem Niveau: tolle Karriere, tolles Einkommen, tolle Kerle zum Vorzeigen und Rummachen. Klar, so sind nicht alle. Manche Frauen haben inzwischen entdeckt, dass Leben nicht allein darin besteht, von allem nur das Tollste zu bekommen. Ich kann nur an alle appellieren (und natürlich auch an Männer): Schaut zuerst, was wirklich in euch steckt, und dann verwirklicht davon das Beste.
Der Anti-Experte
Ich bin im Laufe der Jahre zwar zum fröhlichen Kenner, aber auch zu einem Anti-Experten geworden. Kernsatz: Wir brauchen keine Dating-Experten, sonder kluge Menschen, die Erfahrungen anderer sammeln oder ihre eigenen Erfahrungen klug bewerten können. Und vor allem solche, die zuhören können, statt Thesen aufzustellen.
Ohne festen Lebensentwurf lebt sich’s leichter und glücklicher
Dennoch habe ich einen Rat für Sie: Sollten sie einen „Lebensentwurf“ haben, dann entsprechen Sie zwar dem Zeitgeist, verpassen aber möglicherweise etwas, weil sich dann alles ändert – nur Sie selbst nicht. Ziemlich klartextlich: Wer nicht bereit ist, seinen Lebensentwurf infrage zu stellen, der bleibt allein. Denn „Lebensentwürfe“ sind Egoismus in Reinkultur, und Partnerschaften sind fast unmöglich, wenn beide unverbesserliche Egoisten sind.
Ob Paare etwas aus der Pornografie lernen können? Aus Filmen wenig, aus Beschreibungen schon eher. Mal sehen, ob ich Ihnen das Thema schmackhaft machen kann. Sicher ist aber, das Dating neuerdings auch in den Porno-Topf geworfen wird. Und das ist Jammer, wirklich.