Die Woche – klare Kante zeigen und selbstbestimmt lieben
Ich war nie ein Freund von Gesäusel, Geschwätz und Meinungsmache. Nur – bis vor ein paar Jahren hielt sich das alles in Grenzen. Man wusste, wo was stand und welche Medien man erst nehmen konnte und welche nicht. Wir konnten plumpe Werbung, wohlwollende Berichterstattung, objektive Berichte und eiskalte Analyse auseinanderhalten. Und heute? Wer kann es noch?
Meinungen können die Wahrheit vernebeln
Meinungen beherrschen die Welt. Zu Trump, zum Brexit, zur Liebe, zum Sex, sogar zum Menschsein. Sehen Sie und Meinungen entstehen, wo Faktenwissen fehlt. Einmal, weil es nicht vorhanden ist, und dann, weil es zu kompliziert erscheint, sich damit zu beschäftigen. Das ist schon in der Politik gefährlich, aber im „normalen Leben“, speziell in Liebe, Lust und Leidenschaft, trifft es uns unmittelbar. Wir könnten fast alles darüber wissen und beurteilen, wenn wir einige Fakten kennen würden und tief in uns hineinhorchten, was wir wirklich anstreben. Klare Kante: Selbst bestimmt leben hat Sinn.
Liebeskultur und Leitkultur
Dann war der deutsche Innenminister. Am Beispiel seines jüngsten BILD-Auftritts können Sie erkennen, wie öffentlich Meinungen vertreten werden, die als Tatsachen via BILD verbreitet werden. Ich habe versucht, Sie anzuregen, sich mal über „Die deutsche Liebeskultur“ Gedanken zu machen – und Sie werden voraussichtlich festgestellt haben, wie blödsinnig das ist. Nun ahnen Sie vielleicht auch, wie dumm der Gedanken an eine „Deutsche Leitkultur“ ist. Klare Kante – wir sollten nicht jenen folgen, die uns eine Kultur überstülpen wollen – wir wissen sehr gut, was unsere Kultur ist.
Partnersuche – Spielräume lassen statt starr nach vorne blicken
Ja, ja … wir haben alle mal das Märchen vom Rotkäppchen gelesen, nicht wahr? Wer es für „deutsch“ hält, sollte sich sein Schulgeld wiedergeben lassen – es ist eine gereinigte Version eines französischen Märchens. Doch was wir verinnerlicht haben könnten, ist dies: „Gehe nicht vom Weg ab, sonst frisst dich der Wolf!“ Und so gehen etliche Männer (und vor allem Frauen) den Weg des Rotkäppchens bei der Partnersuche: „Ja nicht vom Weg abkommen.“ Na schön, aber dann gibt es auch keine Blumen. Und mit Wölfen und Wölfinnen in gezähmter Form werden Sie ja wohl zurechtkommen, oder? Übrigens gilt dies nicht nur für Menschen um die 30, sondern auch für solche zwischen 31 und 50 Jahren.
Beratung – sinnvoll oder populistisch?
Es klingt wie Selbstkritik, und das mag sie teilweise auch sein. Aber die Beratungsbranche bei Liebe, Lust und Sex kämpft mit harten Bandagen und verbreitet Meinungen aller Art – was im Prinzip ihr gutes Recht ist. Man will schließlich von Kursen, Büchern und dergleichen leben können. Die Frage ist nur: Wie viel Unterhaltungswert steckt darin und wie viel gesicherte Tatsachen sind darin enthalten? Ich weiß sicher, dass es nur einige Tatsachen gibt, auf die man sich berufen kann, aber unendlich viele Meinungen und Behauptungen.
Ein Wort zur Pressefreiheit
Es gibt sie noch, die Pressefreiheit. Jedenfalls hier in Deutschland, und sie wird selten angezweifelt. Sie ist die Voraussetzung für die Meinungsbildung, auch wenn manchmal ungesicherte Meinungen verbreitet werden. Und weil das so ist, muss jeder Schüler lernen, wie die Presse funktioniert – und zwar detailliert. Wer „Lügenpresse“ schreit, war offenbar nicht auf der Schule.
Und ganz wichtig war noch …
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