Marionettenspiele, Selbstbetrug oder Partnersuche?
Ist es nun eine typische amerikanische Frauen-Eigenschaft, eine Frauendummheit sui generis oder einfach weibliches Possenspiel, über das sich nur Verliererinnen empören?
Gemeint ist das kultähnliche Zögern, das manche Frauen an den Tag legen, bevor sie sich tatsächlich an einem realen Ort mit einem Mann treffen.
Neuerdings „empfehlen“ US-Forscher deshalb, sich innerhalb von 17 bis 23 Tagen nach dem Erstkontakt zu treffen. Doch in Wahrheit geht es nicht um die Tage, sondern darum, wie oft man bereits hin- und hergeschrieben hat: Drei Mal sind genug, sagen wir in Europa – dann sollte man telefonieren und sich während des Telefonats verabreden. Es gibt Ausnahmen, zum Beispiel bei Entfernungen von mehr als 500 Kilometern. Doch so etwas ist selten.
Erstaunlich ist dabei vor allem, dass man „Forscher“ benötigt, um so etwas festzustellen. Es ist doch sonnenklar, dass man in Personen umso mehr hineininterpretiert, je weniger man sie in natura zu sehen bekommt. Doch ganz offensichtlich interessieren sich viele Frauen zunächst gar nicht für die Realität, sondern versuchen, sich ein Bild zurechtzupuzzeln. Es ist bekannt, was dabei entsteht: Die Lücken des Puzzles füllt die Fantasie, und auf diese Weise entsteht dann der Frust.
Im Prinzip geht es so: Viele Menschen machen sich ein Bild, das sich aus wenigen Fakten, sehr viel Vorstellungen und einem guten Schuss Illusionen zusammensetzt. Frauen neigen nun allerdings noch dazu, sich in das Bild, das in ihrem eigenen Gehirn entstanden ist, zu verlieben – das macht die Katastrophe perfekt.
Gerade las ich die missglückte Liebesgeschichte einer Bloggerin, die unendlich große Erwartungen an einen Mann hatte, dessen Bild sie sich im Hirn zurechtschusterte. Sie hätte gewarnt sein können: Kennenlernen in sozialen Netzwerken bedeutet ein bisschen herumzuflirten – das gibt den Kick, den man gelegentlich für den Alltag braucht. Man kann dies als ein „Spiel mit dem Feuer“ bezeichnen, das man nur beginnen sollte, wenn man einen Feuerlöscher besitzt, und der Spieltrieb ist üblicherweise bei Frau und Mann ähnlich stark ausgeprägt.
Ich sag es mal sehr einfach: wer virtuelle Sinnlichkeit pflegt und sich dazu der Figuren (künstlicher) sozialer Netzwerke wie Facebook bedient, der spielt am Ende mit Marionetten. Und wer sich in seine eigenen Marionetten verliebt, befindet sich auf einer gefährlichen, abschüssigen Bahn.
Man könnte einwenden, dieses Spiel habe unendliche Reize. Akzeptiert, und zwar vorbehaltlos. Aber dann muss auch klar sein, dass die Marionetten eben nur im Kopf lebendig werden. Man sollte sie deshalb jederzeit wieder in die Spielzeugkiste auf dem Dachboden stellen können, wenn man sie nicht braucht.
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