Sind die „lustigen Männerhasserinnen“ Fälle für die Couch?
Sich über andere lustig zu machen, gehört manchmal zu den Aufgaben von Schriftstellern und Journalisten. Es gibt uns die Genugtuung, besser zu sein als andere und tiefer in die Dinge hineinzusehen. Meist tun wir dies in der Form der Satire oder der Glosse.Was aber, wenn jemand unbedingt immer und überall über seine „amüsanten und erschreckenden Erlebnisse mit Männern“ reden will – oder sich gar noch hinsetzt, um darüber zu schreiben?
Dr. Dr. Rainer Erlinger findet in der „Süddeutschen“ drei Gründe, warum es manche Frau so gerne tut (gekürzt):
Sie wollen Ihrem Gegenüber schmeicheln, dass er offensichtlich kein solches Missgeschick ist. Zweitens, Sie wollen in der etwas schwierigen Situation eines ersten Dates das Eis brechen … Drittens, Sie wollen mit den Geschichten belegen, dass Sie nicht so sind wie die anderen Menschen …
Soweit die Auslegung des Beraters, der noch ergänzt: „Wenn Sie sich über die »Missgeschicke« lustig machen, werten Sie diese auch noch aktiv ab, um daneben umso strahlender zu erscheinen.“
Ich habe mich gefragt, wie ich es empfinden würde, wenn ich auf der anderen Seite säße – einer Dame gegenüber, die andere Männer abwertet. Zunächst tut es vermeintlich gut, wenn andere bei der Dame abgeblitzt sind. Doch erstens weiß ich, dass all diese Erzählungen einseitig „geschönt“ sind, und zudem frage ich mich: „ja, und wann wird sie aus dem Date mit mir eine skurrile, entnervende oder – im äußerten Fall – „viel zu langweilige“ Begegnungen machen?
Es ist doch so: Sobald wir einen Menschen treffen, der sich nicht verantwortlich für seine Begegnungen fühlt, haben wir schon den Schwarzen Peter. Dann sind wir – auf Biegen oder Brechen – schuld daran, dass es nichts wurde. Mir fallen da etliche Gründe ein, die alle „so herum“ und „anders herum“ gelten. Man war zu dezent oder man war zu offen, man hat zu früh nach Sex gefragt oder zu spät, man hat die Beziehung abgelehnt, obwohl man sich „noch nicht genau kennt“ und zugesagt, „bevor man sich richtig kennt …“
Die Psychologie hat ihre eigenen Begriffe. Dr. Erlinger spricht vom „Abwärtsvergleich“, von der „Downward Comparison“. Das heißt, die Dame sagt sinngemäß: „Oh, das waren diese bösen Buben, sehen Sie, wie schrecklich“, und ich darf mich dann darin sonnen, nicht dazuzugehören. Wehe, ich sympathisiere nun mit dem armen Kerl, der da niedergemacht wurde. Oder wehe, ich frage mich, „hast du nicht auch etwas davon?“ Im Grundsatz haben wir alle Macken und Dellen, die man gerne als „Facetten“ beschreibt, wenn man höflich sein will. Ich haben sie, meine sämtlichen Date-Partnerinnen über die Jahrzehnte meines Lebens hatten sie, und Sie, liebe Leserin, lieber Leser, haben Sie auch. Wenn wir wollen, können wir uns alle über alle anderen lustig machen.
Nein. Fälle für „die Couch“ sind die „lustigen Männerhasserinnen“ mit ihrem unstillbaren Mitteilungsbedürfnis nicht. Aber sie sind einfach lästig, gleich, ob sie nun Bücher schreiben, Blogs vollpinseln oder Ihnen bei einem Date in Person gegenübersitzen.