Dating-Portale werden immer „sicherer“ – oder auch nicht
Dating-Portale werden immer „sicherer“ – oder auch nicht. Das Wirtschaftsmagazin FORBES glaubt, für die Sicherheit der Partnersuchenden eine rosige Zukunft zu sehen – und schreibt, was die Branche gerne liest: Alles wird sicher. Und titelt: „Hey, Singles: Die Dating-Unternehmen arbeiten jetzt härter daran, damit ihr sicherer seid, nicht gepeinigt oder verletzt zu werden.“ Sollten wir dem Glaubens schenken? Die schlechte Nachricht: Eher nicht. Die Gute: Sie sind schon sicherer, als viele glauben – mit Bezahl-Hürden.
Offenbar ist die Angst vor dem Treffen mit einem Fremden nicht kleiner, sondern größer geworden. Wie sonst könnte ein Artikel in FORBES erscheinen, der davon handelt, was Dating Unternehmen angeblich alles Veranstalten, um die „Sicherheit“ der Kundinnen und Kunden zu gewährleisten? Diesmal ist ein Artikel in Forbes die Ursache für bislang einen Nachahmer-Artikel in deutscher Sprache. Ich fürchte, es werden weitere folgen. Als Stichwortgeber wurde diesem eine gewisse Elissa Shevinsky genutzt. Dem Vernehmen nach ist sie die Gründerin von Jspot, einer Nischenwebseite für religiös motiviertes Dating.
Die Gefahren gibt es kaum, aber sie sind enorm – besonders für Frauen?
Zunächst lässt Forbes die Journalistin Alyson Krueger berichten. Sie behauptet von sich, überwiegend positive Erfahrungen mit Online-Dating gemacht zu haben, schwenkt dann aber um auf Probleme, die gelegentlich auftauchen, die sie selbst aber offenbar als vernachlässigbar betrachtet. Dies dürfte exakt die gleiche Erfahrung sein, die nach Zehntausenden zählende Frauen und Männer gemacht haben. Doch dann schwenkt sie um: Ja, einige dieser Figuren richten Schaden an. Sie ahnen es – die Opfer sind „selbstverständlich“ Frauen. Und der Schaden liegt darin, dass sie enttäuscht und desillusioniert oder sogar eingeschüchtert das Feld des Online-Datings verlassen.
Nun kommt Elissa Shevinsky ins Spiel. Sie gilt als Expertin, was man glauben oder bezweifeln kann. Jedenfalls ist sie keine unabhängige Expertin, sondern Teil der Branche. Frau Krueger verkündet ihre Thesen.
1. Tinder wird über den grünend Klee gelobt – populistisches Nachschwätzen
Shevinsky lobt Tinder. Kein Wunder, Tinder kennt nahezu jeder, der „in“ sein will. Aber Tinder ist auch umstritten und wie wes mit der Sicherheit aussieht, weiß niemand wirklich. Das ficht Ms. Shevinsky nicht an. Sie lobt das ultra-primitive Kommunikationssystem. Und sie freut sich, dass die Applikation auf Facebook basiert. Ja und es nützt dabei, unliebsame Kontakte zu vermeiden.
2. OK Cupid wird für seinen Wortfilter gelobt – künstliche Intelligenz?
OK Cupid hat ein System entwickelt, das Texte mit sogenannter „künstlicher Intelligenz“ prüft. Ob es sinnvoll ist? Fragt sie, wie Sie zu künstlicher Intelligenz stehen. Toll – wenn jemand „u“ statt You“ schreibt, bekommt man diese Meldung nicht. Außerdem könnet man E-Mail von CSU-Anhängern oder Jazzfans ausfiltern. Oder zu lange Email. Oder zu kurze. Cool, nicht wahr? Darf ich Ihnen sagen, was tatsächlich passiert? Je belangloser eine Email, umso sicherer kommt sie an.
3. Petz- und Diffamierungsseiten Seiten sind toll – oder Gesinnungs-Stasi?
Wenn jemand sein Date öffentlich macht, ist er eine armselige Kreatur – und weil es so schrecklich viele armeselige Kreaturen gibt, gibt es diese Petzseiten, auf denen Frauen Männer verpetzen können. In Deutschland ist das Konzept gescheitert. Gut so. Wir brauchen keine Gesinnungs-Stasi.
4. FACEBOOK ist das Dating-Evangelium – wenn man dran glaubt
Das neue Evangelium: FACEBOOK ist das Echteste vom Echten, die Fotos sind immer aktuell, und die Interessen stimmen immer. Also sind Apps, die auf FACEBOOK fußen, immer super. Das kann man glauben oder auch nicht. Wieder wird Tinder erwähnt.
5. Bezahlen pro Kontakt-Nachricht.
Das Bezahlen pro Nachricht wird als weitere Alternative hochgelobt. Ein zweischneidiges Schwert: Das gleiche Geschäftsprinzip, das angeblich den Segen bringen soll, wird auch von Betrügern und von Webseiten mit „ganz legalen“ professionellen Kontakterinnen benutzt.
6. Gruppen-Dating – US-Ladenhüter
Gruppen-Dating ist ein alter Hut – und wird im Internet wieder aufgewärmt. Es bringt die Sicherheit, mit Sicherheit kein Date zu haben, sondern an ein Gruppentreffen beteiligt zu sein.
Tatsächlich nützt ein Bezahl-Modell – wie bei PARSHIP in Deutschland
Nachdem der Artikel in der Schweiz umgeschrieben und mit zahllosen Links ausgestattet wurde, kommt nun das Bezahl-Modell mit mehrfachen Hürden für Spammer du Spaß-Dater ins Spiel. Richtigerweise wird PARSHIP erwähnt, ein Portal, über das man eben nur über die Bezahl-Hürde und die Fragebogen-Hürde nutzen kann, und das zudem noch weitere Sicherheitschecks kennt.
Wie die Wahrheit verschleiert wird
Wollen Sie die Wahrheit? Das ist sie: Viele „moderne“ Dating-Applikationen, insbesondere telefonbasierte, verfügen über so gut wie gar keine Sicherheitshürden, weil die Betreiber zu viele Benutzer und zu wenig Personal haben, um die Sicherheit zu gewährleisten. Deshalb wird der Glaube an „künstliche Intelligenz“ geschürt und das neue Evangelium „FACEBOOK“ als Wahrheitsreferenz genutzt. So werden die Mängel verschwiegen und die Applikationen „schön geredet“.
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