Bringt Datingrat etwas ein?
Datingratgeber, Datingassistenten, Single-Coaches, Flirtlehrer, Seminare für Partnersuche – das klingt interessant, aber bringt es auch etwas für den Hilfe suchenden Single?Ich habe in meinem Leben viele Menschen beraten, habe ihnen Wege gewiesen und empfohlen, Wege zu verlassen. Dabei habe ich mich daran gehalten, was Carl Rogers lehrte:
Wenn ich eine gewisse Art von Beziehung (… zu demjenigen, den ich berate …) herstellen kann, dann wird der andere die Fähigkeit in sich selbst entdecken, diese Beziehung zu seiner Entfaltung zu nutzen.
Später habe ich erfahren, dass sich dieses Verfahren beschleunigen lässt, wenn das Problem offenkundig ist und es sich mithilfe einer Problemlösungsstrategie verringern oder beseitigen lässt. Seither arbeite ich auf allen Gebieten, auf denen ich tätig bin, nur noch nach dieser Methode.
Doch unabhängig davon: In jedem Fall aber muss ein Berater versuchen, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um seinem Klienten zu ermöglichen, selbst die Lösung zu finden, um aus seinen Schwierigkieten herauszukommen. Oder: Er muss seine Lösung finden, sein Leben leben, seinen Weg gehen.
An der nächsten Hausecke ist guter Rat billig – und sinnlos
Jeder Berater – oder sagen wie mal, jeder Berater, der seien Aufgabe ernst nimmt, weiß, dass er damit nicht alle Menschen erreichen kann, denn an jeder Ecke steht heute ein Mensch mit einem Bauchladen, auf dem „ff Lösungen“ steht. Festpreis zwischen 10 und 1000 Euro, je nach Art und Umfang der Beratung. Der Preis spielt ohnehin kaum eine Rolle, denn alle Lösungen stehen vieldutzendfach gratis im Internet. Gleich, ob der wissbegierige Single seien Ratschläge kostenlos aus dem Internet holt, sich ein Ratgeber-Buch besorgt oder an einen „simplen Vereinfacher“ gerät, eines ist immer ähnlich: Die Leute verkaufen Lösungen, ohne die Probleme zu kennen. Will es der Zufall, so passt die Lösung auf das Problem, und der Interessent, Klient oder Kunde ist zufrieden.
Dem Zufall wird meist ein wenig nachgeholfen – das ist eines der Geheimnisse der Ratgeberliteratur. Denn dort wird vielfach das aus Horoskopen und getürkten Psychotest-Auswertungen bekannte „Barnum-Prinzip“ verwendet: „Irgendetwas passt meistens.“
Am Ende ein langweiliges Date?
Ohne irgendjemandem zu nahe treten zu wollen: Ob Ratschläge zu Profilen, E-Mail-Nachrichten, Telefonaten oder Blind Dates erteilt werden – alles ist auf den Weidegründen der Allmenden gepflückt. Ist ein persönliches Problem vorhanden, so wird damit nicht erkannt, und eine persönliche Lösung wird nicht geboten. Stattdessen werden leblose Profile begünstigt, ausdruckslose E-Mail verschickt und kommunikationskontrollierte Dates eingegangen. Interessant ist, dass diese Art, Dates einzugehen, hernach häufig als sinn- und zwecklos angesehen wird. Man langweilte sich. Ja, was denn sonst?
Weg von der Ratgeberkiste – hin zur Person
Wofür ich plädiere? Ganz einfach: Die Person ernster zu nehmen. Partnersuche ist eine höchst individuelle Angelegenheit, die sich nicht schematisieren lässt. Gleich und Gleich? Das ist Blabla, wenn man nicht dazu sagt, worin man „gleich“ sein soll. Sozial, nach Bildungsstand, nach Wünschen und Zielen? Oder gar psychologisch? Und wenn psychologisch, nach welchen Kriterien?
Beantworten Sie sich diese Frage bitte selbst. Und bedenken sie: So gut, wie Sie sich selbst kennenlernen können, kann sie kein anderer kennenlernen. Und noch etwas: Niemand läuft für Sie später in ihren Schuhen – sie müssen selber darin gehen. Ihr Berater, so gefühlvoll und kompetent er auch sein mag, wird niemals die Verantwortung dafür tragen wollen, wenn sie drücken.
Darf ich Ihnen die Frage nun beantworten, ob „Datingrat“ etwas einbringt? Ja wenn Sie sich Zeit für ihre Partnersuche nehmen – und die Verantwortung für sich selbst und Ihre Entscheidungen während Ihrer gesamten Suche im Auge behalten.
Hinweis: unser Autor führt Webseiten, auf denen ebenfalls Datingrat angeboten wird.