Der Partnermarkt – dient er dem Kapitalismus?
Wenn es darum geht, etwas zu erläutern, was schwer erklärbar ist, weichen selbst Psychologen auf billige Kapitalismuskritik aus, wie ich gerade in WELT ICON las. Dort ließ man die Diplom-Psychologin Lisa Fischbach zu Wort kommen:Der Partnermarkt funktioniert zunehmend nach dem kapitalistischen Gedanken der Gesellschaft.
Hintergrund dieser Überlegungen sind die Gedanken einzelner, meist urbaner Singles im mittleren Alter (30 bis 40) mit hohem Einkommen. Unter ihnen macht sich in der Tat ein Trend breit, den Partner als eine Preziose anzusehen. Das funktioniert in etwa so:
1. Der Single hat eine ganze Latte von Forderungen, auch „Ansprüche“ genannt, die zumindest in der Kombination unerfüllbar sind. Aber das weiß er angeblich nicht, und es sagt ihm auch keiner.
2. Er glaubt, dass diese Forderungen unbedingt erfüllt werden müssten, und wenn dies nicht beim ersten Kandidaten zutrifft, dann beim nächsten.
3. Daraus ergibt sich eine negative Spirale, die den Single immer mehr in die Vereinsamung treibt, weil es niemals den „wirklich passenden“ Partner gibt, während die Zeit ihm unter den Fingern verrinnt.
Persönliche Dummheit und Arroganz sind kein Kapitalismus
Doch – ist dies nun eine Folge kapitalistischen Denkens? Oder ist es zumindest der Beginn einer schwerwiegenden psychosozialen Störung? Wer muss nun auf die Couch? Die Gesellschaftsordnung oder der Einzelne?
Es ist interessant, wie sehr Online Dating mit diesem Phänomen in Verbindung gebracht wird. Gerade bei den Partneragenturen (Online Partnervermittlern) wird ja der Gedanke hochgehalten, man können die Eliten zu den Eliten bringen oder die Gleichen zu den Gleichen. Übereinstimmung bemisst sich hier in dem etwas lächerlichen Faktor „Matchingpunkte“, der bereist impliziert, dass es möglicherweise den perfekten Partner geben könnte.
Wo ist da der Kapitalismus? Ich kann ihn nicht erkennen – sondern ich bin der Überzeugung, dass es sich um ein psychosoziales Phänomen handelt, und wenn nicht dies, dann um ein Problem selbst ernannter Eliten. Denn tatsächlich findet man die kunstvoll gepflegten Single-Neurosen vor allem in der Gruppe der Menschen, die sich als urbane Akademiker und Vielverdiener von der Gesellschaft abheben wollen, statt sich in sie zu integrieren.
Bräute werden weder eingekauft noch verkauft
Nein, das ist nicht Kapitalismus. Heute werden die Bräute weder teuer eingekauft, wie zu biblischen Zeiten, noch muss der Vater einen Teil seines seines Vermögens herschenken, um einen Mann zu „kaufen“.
Es scheint eher so zu sein, als hätten die Frauen und Männer, die heute mit hocherhobenen Nasen durch die Städte laufen, etwas vergessen: nämlich dass es allzeit einen Partnermarkt gab, und dass dieser von Angebot und Nachfrage reguliert wird. Und die Verlierer an diesem Markt sind längst ausgemacht – es sind jene, die ihren Marktwert selbst völlig falsch einschätzen.
Haben Sie die Lösung? Diejenigen, die sich selbst falsch einschätzen, sind die Verlierer am Markt, und sie werden es bleiben. Und unter ihnen haben etliche einen riesigen Forderungskatalog im Gepäck, aber kaum Eigenschaften, die „gekauft“ werden.