Online-Dating: Abonnement widerrufen und trotzdem zahlen?
Zunächst will ich Ihnen einmal sagen, wie ich mir persönlich ein Abonnement vorstelle:
Als ich an meinem neuen Wohnort ankam, beschloss ich, das örtliche Bildungsbürgerblatt zu bestellen – man will ja schließlich wissen, was im Ort so vor sich geht. Ich habe die Zeitung also für 14 Tage abonniert, und eine Vertrauensgarantie bekommen:
Nach Ablauf der gewünschten Laufzeit wird die Zustellung automatisch eingestellt.
Danach habe ich die Zeitung abonniert, und da nach wie vor jeder Tag irgendwelche Neuigkeiten bringt, ist das Abonnement auch sinnvoll.
Doch wie läuft ein Abonnement bei Online-Dating-Unternehmen ab?
Bei Singlebörsen udn ähnlichen Unternehmen wird man zunächst Mitglied – und stellt bald fest: Die „kostenlose“ Mitgliedschaft ist völlig sinnlos. Offenbar geht es den Unternehmen nur darum, möglichst schnell ein kostenpflichtiges Abo zu verkaufen. Ob seriöse Online-Vermittlung oder fragwürdige Sexbörse, die Methoden sind nahezu identisch: Immer hat die Agentur unendliche viele attraktive Singles im Angebot, die eigentlich ganz wild darauf wären, das neue Mitglied zu kontaktieren. Die einzige Hürde: Man müsste erst mal zahlen …
Abo-Gewirr: Was bedeutet zum Beispiel ein Drei-Tage-Abo?
Der nächste Schritt kann sehr unterschiedlich sein: Manche Firmen locken mit Drei-Tages-Abos, andere mit 14-Tage-Abos und wieder andere bieten nun eine sogenannte „Premium-Mitgliedschaft“ an. Da der Monat im Durchschnitt preiswerter wird, je länger man abschließt, glauben viele Kunden, beim Jahres-Abo günstig zu fahren.
Abos mit bitterem Beigeschmack
Alles, was ich soeben nannte, hat einen bitteren Beigeschmack:
1. Das Drei-Tages-Abo ist logisch sinnlos, da die Zeit nicht reicht, vernünftige Kontakte aufzunehmen. Es wird auch alsbald „automatisch“ in ein Monatsabo verwandelt, das sich dann ständig selbst erneuert. Das steht in den AGB und (in kleiner Schrift) auch auf der Anmeldung.
2. Das 14-Tage-Abo wurde in einem aktuellen Fall sofort nach Ablauf in ein Jahres-Abo verwandelt. Das stünde ja so in den AGB, äußerte sich der Betreiber – das Gericht war anderer Ansicht.
3. Das auf ein Jahr abgeschlossene Abo ist auch im Erfolgsfall nicht kündbar – Sie müssen es also bezahlen, ob Sie noch einen Partner suchen oder nicht. Das ist unlogisch, aber legal. Noch schlimmer: Wenn Sie vergessen sollten, es zu kündigen, verlängert es sich automatisch – meist um ein weiteres Jahr.
Erst Permium-Mitglieder wissen, was sie wirklich „gekauft“ haben
Ob die Dienstleistung, die er gekauft hat, der Beschreibung entspricht, weiß der Kunde oft erst, wenn er sie erprobt hat. Aber auch, wenn er sich bei der Bestellung nur getäuscht hat, ist er nicht rechtlos: Das sogenannte „Fernabsatzgesetz“ regelt eigentlich eindeutig, welche Rechte der Käufer hat und welche nicht.
Nun sind einige Fälle bekannt geworden, in denen der Kunde zwar rechtzeitig widerrufen hatte, aber dennoch zahlen sollte. Dabei berief man sich darauf, dass die Kunden den Dienst ja schon erprobt hatten, bevor sie den Widerruf abschickten – und verlangte dafür eine Entschädigungszahlung. Die Argumentation: Wenn Sie im Internet Reifen bestellen, Sie eine Weile nutzen und dann zurücksenden, ist dem Händler ja ein Nachteil entstanden. Sie haben etwas benutzt – also sollen Sie für die Nutzung auch zahlen.
Nun sind Abo-Verträge für die Partnersuche keine Reifen – aber was sind sie dann? Und wie viel Entschädigung könnte man als „recht und billig“ ansehen, jedenfalls mit dem Laienverstand?
Der STERN (Stern-TV) hat aktuelle Fälle aufgegriffen und zitiert:
Eigentlich hätten die von ihr gelesenen Nachrichten, das Persönlichkeitsprofil, der Ratgeber und der Premiumprofil-Check 2.324 Euro kosten müssen, geht aus dem Schreiben hervor. Da erscheinen 296,10 Euro kulant.
In einem anderen Fall ging die gleiche Online-Partervermittlung so vor:
Als er den Vertragsabschluss nach wenigen Tagen widerrufen hatte, forderte (…) der Anbieter einen ähnlichen Wertersatz. Weil er 55 Nachrichten à 35 Euro gelesen hatte, würde das 1.925 Euro kosten. Bezahlen sollte (…) der Kunde dann 260 Euro.
Die Frage ist natürlich: Wie rechnet man Volumen in Stück um? Denn ganz offensichtlich ist beim „Abo“ der Singlebörsen ja eine Flatrate für beliebige Kontaktierungen enthalten, sodass ein Preis von 35 Euro schon sehr verwundert – selbst Dating-Unternehmen, die tatsächlich nach Kontakten abrechnen, haben niedrigere Tarife.
Auch die zweite Einlassung verwundert: Ratgeber für Online-Dating sind ein ganz selbstverständlicher Kundenservice – ungefähr so, wie die Bedienungsanleitung beim Kauf einer Ware – denkt sich jedenfalls der Laie? Und der „Premiumprofil-Check“ und das Persönlichkeitsprofil? Für die hat der Kunde wohl kaum Verwendung, wenn er die Leistung gar nicht in Anspruch nehmen will.
Gegenwärtig liegen bei Verbraucherschützern offenbar mehrere Beschwerden vor. Die Verbraucherschützerin Julia Rehberg bearbeitet solche Fälle – und sagte dem Stern:
Wenn man die Kosten für die abgeschlossene Vertragslaufzeit in Tage umrechnen würde, dann könnte man ja eine Tagespauschale ermitteln.
Die wäre allerdings erheblich günstiger als das, was die Online-Partervermittlung errechnet hätte.
Wie die Sache im Endeffekt ausgeht, ist noch unklar – dafür sind Juristen zuständig.
Meine persönliche Meinung ist sehr norddeutsch: Reisende soll man nicht aufhalten, und wer ohnehin von einer Dienstleistung enttäuscht ist, den sollte man eigentlich kommentarlos gehen lassen – so vermeidet man Ärger. Mein persönlicher Tipp: Machen Sie erst den Singlebörsen-Führerschein, bevor Sie ein Abo eingehen.
Alle Zitate: Stern.