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Das misslungene Blind Date

Manchmal geht alles schief – aber warum?

Da saßen sie nun. Gerade hatten sie sich zum ersten Mal gesehen. „Der erste Eindruck ist entscheidend“ hatte man ihnen noch zuvor eingeflüstert. Also spielte er einen Mann, der versucht, einen guten ersten Eindruck auf eine Frau zu machen, während sie eine Frau spielte, die versuchte, einen günstigen Eindruck auf einen Mann zu machen, bevor sich beide setzten.

Der Mann hatte etwas Grummeln im Bauch, die Frau etwas Herzflattern, was sich am leicht geröteten Gesicht zeigte, während der ein paar Schweißperlen auf der Stirn trug. Beide wollten einander nicht zeigen, wie nervös sie waren, und begannen einen kleinen Small Talk. Irgendwie war der Frau peinlich, hier ganz öffentlich herumzusitzen – jeder würde sehen, dass dies ein Blind Date war. Der Mann dachte kaum anders – hatte er es etwa nötig, hier mit einer Frau mühevoll Konversation zu machen?

Nachdem sie sich genügend darüber ausgetauscht hatten, wie das Wetter war, wie sie hier hergekommen waren und wie hübsch das Lokal war, entstand eine peinliche Gesprächspause. Sie hätte eigentlich gar nicht entstehen müssen, doch die Frau hatte auf seine Frage, welche Wünsche sie an Ihr Leben hat, geantwortet, für solche Frage sei es noch zu früh, woraufhin er nicht wagte, ihr weitere persönliche Fragen dieser Art zu stellen. Sie nahm die Pause zum Anlass, nun selbst einem kleinen Zettel mit Fragen hervorzukramen, legte ihn auf den Tisch und sagte zum Mann: „Sie haben doch sicher nichts dagegen, wenn ich Ihnen jetzt meinerseits ein paar Fragen über Ihre Vergangenheit stelle?“

Er nickte, obgleich er nicht einsah, warum sie fragen durfte und er nicht. Noch bevor sie mit den Fragen begann, sah er sie noch einmal genau an. Ihm fiel jetzt auf, dass sie sich ein wenig zu stark geschminkt hatte und sie einen völlig unpassenden, leicht frivolen Ausschnitt trug, in dem sich ihre Brüste drängten. Er dachte bei sich: „Eigentlich würde ich ja gerne wissen, warum sie sich so sexy aufgemotzt hat und was sie damit bezweckt“ – aber das würde nach Lage der Dinge wohl nicht möglich sein. Sollte sie also fragen, was sie will – er würde es hinnehmen. Er hatte allerdings beschlossen, so knapp wie möglich zu antworten, und ihre Fragen ließen auch kaum etwas anderes zu. „Hattest du schon mal eine längere Beziehung?“ „Wie lange ist das her?“ Bist du bereit für eine neue Beziehung?“ „Woraus schlließt du, dass du beziehungsbereit bist?“ Dabei blickte sie stets auf den Zettel, als sie die Fragen verlas, und sah erst auf, wenn er antworten sollte.

Nach der siebten oder achten Frage dachte er daran, sie zu unterbrechen, doch aus Höflichkeit ließ er zu, weiter befragt zu werden, bis auch die zwölfte Frage gestellt war. Sie lautete: „Als du mich vorhin zum ersten Mal gesehen hast, was fiel die spontan ein?“ Oh, da war ihm viel aufgefallen: die starren Augen, die ihre Unsicherheit verschleiern sollten, der Push-up-BH unter dem tiefen Ausschnitt, der weder zu ihren Brüsten noch zu ihrem Typ passte, die zu auffällig geschminkten Lippen, der stelzende Gang, die etwas zitternden Finger, die feuchten Hände. Doch er sagte stattdessen: „Deine gepflegte Erscheinung wirkte auf mich außerordentlich positiv.“ Er hatte gelesen, niemals etwas zu sagen, das man ihn negativ auslegen könnte. Und es war ja auch die Wahrheit, wenngleich er inzwischen erkannt hatte, dass dieser erste Eindruck nur auf ihre Fassade zutraf. Bei näherem Hinsehen war ihr Erscheinungsbild zwiespältig und stillos.

Wieder herrschte ein Moment tiefes Schweigen zwischen beiden, dann fragte er: „Und, habe ich Ihren Test bestanden?“ Sie sah empört auf. „Das war kein Test, nur eine Information für mich, damit ich weiß, an wen ich geraten bin.“ Der Mann versuchte ein Lächeln, um dann zu fragen: „Und an wen bist du geraten?“ Die Frau sah nun etwas unsicher auf und erwiderte spitz: „Das muss ich daheim erst auswerten, und außerdem muss ich noch ein paar andere Männer treffen, um Vergleiche zu haben. Weißt du, du bist nicht der einzige Mann, der sich für mich interessiert.“

Der Mann rückte die Krawatte zurecht, bat die schöne Kellnerin um die Rechnung, zahlte und gab ein großzügiges Trinkgeld, da mit einem fröhlichen Lächeln belohnt wurde. Seine Partnerin verzog das Gesicht, als hätte sie in eine Zitrone gebissen. „Das war viel zu viel! Du kannst dem Mädchen keine drei Euro Trinkgeld geben, wenn die Rechnung nur 17 Euro war.“

„Ihr Lächeln war mir die drei Euro wert“, sagte er nun leicht mokant – „was kostet eigentlich dein Lächeln?“

Die Dame wurde puterrot im Gesicht, und schließlich presste sie scharf hervor: „Ich bin keine kleine Schlampe, deren Lächeln du kaufen kannst, hast du verstanden? Was denkt ihr Männer euch eigentlich?“

Der Mann, der zum Denken aufgefordert war, erinnerte sich, wer er war – vor allem nicht „ihr Männer“. Er ordnete seine Gedanken nunmehr neu und antwortete dann mit einem süffisanten Lächeln: „Oh, wir denken gar nichts. Wir überlegen nur, wie wir die Zeit durchstehen, die wir mit Fragen beantworten verbringen müssen, bevor wir endlich mit ihnen vögeln dürfen. Aber in Ihrem Fall würde ich gerne davon Abstand nehmen.“

Dann drehte er sich mit einem leichten Grinsen um, ging an der Kellnerin vorbei, die ihm erneut ein süßes Lächeln schenkte, und verließ das Lokal. Er freute sich, wie schön dieser Sommertag war und dass es noch nicht zu spät war, durch den kleinen Park zu gehen, am Musikpavillon zu verweilen und sich des Lebens zu erfreuen.

Anmerkung: Dies Kurzgeschichte steht hier nicht als literarisches Werk, sondern soll SIE dazu anregen, über Blind Dates nachzudenken. Sagen Sie bitte offen Ihre Meinung – was hätten Sie getan? Wo hätten Sie etwas anders gemacht?

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