Männer wollen Parallelkontakte, Frauen Serienkontakte?
Wieder einmal musste die fragwürdige „Evolutionspsychologie“ (hier als „Evolutionsbiologie“ bezeichnet), dafür herhalten, Unterschiede zwischen Frauen und Männern zu erklären. Demnach suchen Frauen und „ältere Singles“ eher „seriell“, das heißt, sie konzentrieren sich zunächst auf einen Partner – und falls dieser nicht zusagt, auf den nächsten. Das wird in einem Artikel im Elite-Partner-Magazin so erklärt:
Frauen sind wählerischer, da sie im Falle von Nachwuchs länger … beschäftigt sind. Entsprechend unterschiedlich reagieren Männer und Frauen auf die Information, dass ihr Gegenüber noch andere trifft.
Klar, wegen der Evolution – wenn du sagst, dass du noch andere triffst, geh ich nicht mit dir in die Kiste, weil ich schwanger werden könnte? Ich glaube nicht, was ich da lese. Willkommen im 21. Jahrhundert!
Ja, und Männer? Sie tendierten angeblich dazu, „weiter zu streuen“, also „Parallelkontakte“ zu forcieren. Nicht Sperma, versteht sich, sonder Kontakte. Deswegen können sie auch „Ihren Marktwert erhöhen“, wenn sie häufig Frauen „daten“, während – nun bitte fein die Ohren spitzen: „Einen abwertenden Stempel“ erhält.
Wie schön, dass Klischees umso mehr zutreffen, je häufiger sie verbreitet werden, vor allem von Psychologen. Das Gemenge aus Steinzeit und bürgerlicher Wohlanständigkeit, das aus solchen Äußerungen spricht, mag die eigene Klientel (1) noch zu wohlgefälligem Abnicken reizen – doch spätestens bei der Generation „Y“ erzeugt sich mittlerweile nur noch Kopfschütteln.
Übrigens vertrete ich eine andere These:
Die „offenkundige“ serielle Suche erzeugt bei Frauen und Männer die gleiche Verachtung, und zwar in beide Richtungen.
Wer ein Date hat und seiner Partnerin/seinem Partner hernach sagt: „Du, ich finde dich wahnsinnig toll, aber da sind noch ein paar andere, die ich auch noch ausprobieren möchte“, erzeugt alles von Brechreiz bis zur Ignoranz. Ich kann mir definitiv nicht vorstellen, dass „Männer“ damit „ihren Markwert erhöhen“.
(1) Überwiegend partnersuchende X-Generation, jetzt um die 40.