Dating-Ratschläge fürs Klo – wer zahlt, wann Küsse und Sex?
Manchmal … ja also manchmal glaube ich, dass Leserinnen und Leser von Blogs, Frauenzeitschriften, Frauenforen und (nicht zuletzt) von Datingratgebern einfach für blöd gehalten werden.
Typisch dafür: Regeln festzulegen, wo es keine gibt. Wer zahlt beim ersten Date? Darf man sich küssen beim ersten Date? Darf man beim ersten Date Sex haben?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Menschheit so bescheuert ist, sich wirklich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen. Und dazu kommt noch: Ich halte Frauen nicht für dümmer als Männer, und auch nicht für unbeholfener.
Man kann das Großmütterlein, das im Straßenverkehr hilflos wirkt, ja wirklich mal über die Straße begleiten. Man kann die 40-Jährige vielleicht sinnreich davon überzeugen, dass ihre Männerfangmethoden einer Reversion bedürfen. Das alles hat ja nichts mit Blödheit zu tun.
Es hat, wie ich meine, gerade noch etwas mit journalistischer Informationspflicht zu tun, auf Frauen hinzuweisen, die sich als Dating-Schmarotzerinnen auf große Abendessen beim ersten Date bestehen.
Wer zahlt? Pubertärer Unverstand oder seriöse Frage?
Doch wer was, wann und wie zahlt, und ob derjenige nun ein „Gentleman“ ist, der es tut oder nicht – das ist, mit Verlaub, Teenagergeschwätz. Wer mit jemandem in ein Restaurant geht, sollte davon ausgehen, dass er nicht eingeladen ist, sondern selber bezahlt. Dabei spielt es gar keine Rolle, ob man ein „Date“ hat oder nicht. Zahlt der andere am Ende, so ist es gut, zahlt er nicht, so ist es auch gut. Wer den Erfolg einer Verabredung (jeder Verabredung) davon abhängig macht, ob der andere zahlt, disqualifiziert sich von automatisch als Partner. Bei Geschäftsessen zahlt in der Regel nicht der Kunde, sondern der Dienstleister oder Lieferant – aber eine Regel kann man daraus auch nicht machen. Ich habe in einigen Situationen persönlich versucht, wenigstens einen Teil der Rechnung zu begleichen – oft erfolglos.
Es macht sich gut, wenn der Herr zahlt – das ist schon alles
Aber bei Dates? Na schön, so viel wissen die Herren – „es macht sich ganz gut“, die Rechnung zu übernehmen. Das kann man allerdings auch negativ sehen: In Deutschland und Österreich des beginnenden 20. Jahrhunderts galt die Einladung zum Rendezvous, verbunden mit der Übernahme der Kosten, als Privileg für eine Liebesnacht. (1) Wenn man sich auf diese Tradition beruft, bekommt man heute ja eher eine Schimpfkanonade zu hören – oder gleich eine Ohrfeige. In den USA ist das etwas anders: Dort sollten die Kerle symbolisch beweisen, dass sie genügend Dollars in der Hose hatten, um eine Frau zu ernähren.
Mal zurück zum Alltag und mal frontal: Wie lange wollen sie sich eigentlich noch verdummen lassen durch „wer zahlt beim Date?, „Darf man sich zum Abschied Küssen?“ oder gar „ab welchem Date darf man miteinander Sex haben?“
Ich denke, meine Damen, dass Sie alle das 18.Lebensjahr bereits überschritten haben. Das heißt dann „volljährig“ und volljährig zu sein, bedeutet, aus eigener Verantwortung heraus zu handeln. Wenn sie jetzt fragen würden: „Wie spricht man kirchliche und politische Würdenträger bei einem Vortrag an, dann brauchten Sie Rat – denn dafür gibt es Regeln. Ja, und Rat brauchen Sie auch, wenn Sie bei wichtigen Persönlichkeitsfragen in Zweifel gekommen sind.
Aber wenn Sie Rat brauchen, was sie beim ersten Date „dürfen sollen“ – ja, dann tun sie mir wirklich leid.
(1) Beispielsweise in: „Frühere Verhätniss“ (Wien 2010)
Bild: Bahnhofstoilette, gebührenpflichtig, 11.08.2009, Berlin, Deutschland. Beschriftungen nachträglich eingefügt. © 2013 by liebesverlag.de