Die „neue Frau“ – zufrieden und „singlekompetent“?
Ich lerne ein neues Wort: Singlekompetenz. Es würde sich lohnen, solche Wortschöpfungen anzuprangern und sie in die Liste der Unworte aufzunehmen, doch dass überlasse ich den Menschen, die (noch) Sprachkompetenz haben. „Singlekompetenz“, so lese ich weiter, hätten vor allem Frauen.
Gemeint ist die Fähigkeit, zufrieden alleine leben zu können. Oder besser, die Möglichkeit, sich ein solches Leben einzurichten und auszufüllen. Natürlich konnten Menschen immer alleine leben, solange sie ein festes, nicht zu geringes Einkommen hatten, körperlich gesund waren und emotional das Alleinsein ertrugen. Doch in der Zeit vor etwa 1970 stand diese Möglichkeit zwar vielen Männern, aber nur wenigen Frauen offen.
Die Gründe für die Veränderung sind schnell genannt: Mit beginnender Emanzipation und der Möglichkeit, hohe Einkommen zu erzielen, änderte sich der soziale Status vieler Frauen. Erst entdeckte sie, dass Geld, Macht und Ansehen durchaus Zufriedenheit erzeugen kann, dann holten sie weiter aus und begannen, sich Männer „für gelegentlich“ zu suchen – meist unbezahlt, gelegentlich aber (je nach Alter und Attraktivität) auch bereits gegen „Zuzahlungen“.
Gegenüber der Öffentlichkeit versuchen nun manche Frauen, diese Entwicklung zu verherrlichen: Sie bezeichnen das Singledasein als einen glücklichen Zustand und versuchen, einer sozialen Welt gleichgesinnter beizutreten, die das auch so sieht.
Die oberflächliche Psychologie, die sich heute in den Dienst des Populismus stellt, will gar nicht mehr wissen, welche Frauen wie wann und wo bereuen, keine wirklich schönen Beziehungen erlebt zu haben. Sie stellt stattdessen Frauen und Männer gegeneinander auf, als würden wir Schach miteinander spielen. Männer haben demnach mehr Schwierigkeiten, das Singledasein zu genießen. Würden Sie es jedoch „in vollen Zügen“ nach eigenen Vorstellungen genießen, so wären es wieder Frauen, die uns Männer dafür anprangern würden.
Schmusen, Gefälligkeitssex und Kaufsex – wie wäre das für Männer?
Sollte „Singlekompetenz“ ein sozialer Wertfaktor sein, dann hätten die Männer am meisten davon, die sich ein schönes Leben mit Musen für die Seele, Gefälligkeits-Sex von Freundinnen oder Kaufsex von Expertinnen machen würden. Sie würden auch „Singlekompetenz“ beweisen, wenn sie sozial ganz in abgeschotteten Männergesellschaften aufgehen würden. Halten wir doch mal fest: „Singlekompetenz“ ist überhaupt kein sozialer oder persönlicher Werfaktor – es ist ein Unwert, der sich in keiner Weise sozial auszahlt.
Ach, das ist meine einseitige Sichtweise? Dann beachten Sie bitte, dass ich über ein Unwort schreibe: über „Singlekompetenz“. Es bedeutet nicht das Gleiche wie „Verantwortung für sich selbst tragen zu können“, ja nicht einmal, „Selbstzufrieden zu sein“.
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