Erotische Frauenträume – Fantasien oder Tatsachen?
Heute muss ich erst einmal aus einem Gespräch zitieren, das ich vor einiger Zeit führte:
Sie schreiben immer wieder, dass Frauen über 40 beim Blind Date erwägen sollten, auch eine Kurzzeitbeziehung einzugehen – ich halte das für ausgesprochen ungehörig. Frauen wollen Beziehungen, keine flüchtigen Begegnungen.
Man kann lange darüber nachdenken, was richtig und was falsch ist. Schon vor 30 Jahren deutet sich ein Wandel an: Immer mehr intellektuelle Frauen wagten, sich auf erotisches Neuland zu begeben. Sie sprachen aber nicht darüber, und das war auch gut so: Die damals vorherrschende feministisch geprägte Meinung von der „edlen“ Frau und dem „tierischen“ Mann hätte sie mundtot gemacht.
Frauenfantasien romantischer Natur – der Stoff für Rührgeschichten
Frauenfantasien? Das waren schöne Männer bei Kerzenlicht und Frauen mit leisem, verhaltenen Stöhnen, weil „es“ eben nicht stattfand. Romantische Orte und heiße Küsse, gefühlvolles Sehnen und tränenreiche Abschiede. Bestenfalls wurden noch starke Kerle von zweifelhafter Reputation zugelassen – die mussten dann aber ein goldenes Herz haben. Immerhin hatte ja der Irrenarzt Freiherr Krafft von Festenberg, besser bekannt als Krafft-Ebing im 19. Jahrhundert für alle Zeit festgelegt, dass anständige Frauen gefälligst keinen eigenständigen Sexualtrieb zu haben hätten.
Trotz des „Verbots“ – Frauen lieben Fantasien
Also hatte es keine Frauenfantasien zu geben, weil es keine geben durfte. Doch irgendwie passte weder das wissenschaftliche Edelkonzept des Irrenarztes (forensische Psychiatrie) noch das Veredlungskonzept der Feministinnen. Wer vor 30 Jahren bereits ein offenes Ohr hatte, konnte es dann und wann heraushören. „Zuckerjungen“, Latinos, und schwarze Hautfarbe standen schon damals hoch im Kurs – und keinesfalls nur in der Fantasie, und die „kleine Flucht“ in temporäre lesbische Beziehungen war eine viel diskutierte Variante eines ansonsten nicht immer befriedigenden Liebeslebens.
Bestimmte Gruppen wagen nicht, sich zur Fantasie zu bekennen
Frauen, so scheint es, hatten schon immer den Hang zur erotischen Fantasie – nur wurde es ihnen einfach nicht gestattet. In der heutigen Zeit wird ebenso noch immer behauptet, Frauen generell oder Frauen ab einem bestimmten Alter oder aus einer bestimmten Gesellschaftsschicht („bürgerlicher Mittelstand“) hätten solche Fantasien nicht.
Dieser Tage schrieb die ZEIT unter Berufung auf eine mir bekannte Studie:
Ob bisexuelles Liebesspiel, Fesselspiele oder Sex mit einem Prominenten – Frauen sind bezüglich auf Liebe, Lust und Zärtlichkeit genauso kreativ wie Männer.
Soweit das Leben im Hinterkopf – eine andere Frage ist natürlich, ob diese Fantasien auch verwirklicht werden sollen – oder können.
Die Fantasie hervorholen heißt noch nicht, sie auch zu verwirklichen
Gegenwärtig glaubt die Werbung von sogenannten „Casual Dating Agenturen“ fest daran und behauptet, dass insbesondere Frauen ihre geheimen Wünsche online erfüllen sollten. Dabei fragt sich allerdings, welche Wünsche (außer Seitensprüngen und bezahlten Arrangements) tatsächlich verwirklicht werden können. „Bisexuelle Liebesspiele“ sind noch am wahrscheinlichsten zu verwirklichen, die favorisierten Dreier mit zwei Männern aber bereits höchst schwierig, wenn frau die Oberhand behalten will. Fesselspiele und Unterwerfungen (passiv) setzen ein enormes Vertrauen voraus – mit völlig Fremden sind sie nicht zu empfehlen. Im Gegenzug sind Dominierungen sowie Bestrafungen (aktiv) zwar möglich, setzten aber voraus, dass wenigstens vorübergehend eine „alternative“ emotionale Haltung zu Männern eingenommen werden kann.
Die Realisierung von Fantasien stößt zumeist auf Schwierigkeiten
Wie auch immer – das Spektrum der Wünsche ist groß, die Realisierungsmöglichkeiten sind vergleichsweise gering. Die Frauen, die einmal die Sperre „anständiger“ Beziehungen überwunden haben, sind teils glücklich, teils schockiert. Denn auch im Nachhinein – und sogar, wenn´s schön war – pocht das schlechte Gewissen oft noch nach. Etwas „so Unartiges“ zu tun, ist für viele Frauen – gerade ab 40 – immer noch ein Gehirnwurm, der noch lange am Selbstverständnis nagt.
Nein, ich rate weder, es zu tun noch es nicht zu tun – ich bin keine moralische Instanz. Wenn Sie diese suchen: Sie befindet sich in Ihrem eigenen Hirn, und sie ist modifizierbar. Das ist wirklich alles, was ich dazu zu sagen habe.
Bild: Anonyme Zeichnung, Wien ca. 1860, nachträglich koloriert.