Vom Fesseln restlos gefesselt – oder doch nicht?
Man kann wirklich nur lächeln über die Chuzpe (oder war es Naivität?), mit der der Kölner Express an eine Studie des JoyClubs gegangen ist. Angebliche 5000 Nutzern des als Online-Community bezeichneten JOYclubs hatten sich dazu geäußert, wie häufig Fesselsex und Unterwerfung in deutschen Liebesbeziehungen sind – und der EXPRESS hat diese Zahlen flugs verallgemeinert und auf „Deutsche“ umgesetzt.
Der EXPRESS schreibt völlig unkritisch:
Wer jetzt meint, das (Fesselspiele, red.) sei nur etwas für Hartgesottene, der irrt sich. Gut drei Viertel der Deutschen haben das Fesseln bereits einmal in ihr Liebesspiel eingebunden.
Drei Viertel der Deutschen?
Lassen Sie sich nicht ins Bockshorn jagen: drei Viertel der befragten Mitglieder des Joyclubs. Dabei haben wir nichts gegen den Joyclub, nur muss man ihn richtig einordnen. Denn der Joyclub ist eine „Community für Sex und stilvolle Erotik“ – und die Mitglieder gelten als Menschen, in deren Leben Sex und Erotik eine dominierende Rolle spielen.
Der Singlebörsen-Vergleich schrieb neutral:
Der JOYclub ist nicht speziell auf BDSM oder Fetisch bezogen, aber wenn Sie unter den Mitgliedern gezielt z.B. nach „devot“ suchen, sich bei den BDSM-Veranstaltungen oder im Forum umsehen, dann finden Sie schnell die Untergruppen nach Ihrem Geschmack.
Nun wird auch seitens der Liebepur nicht bezweifelt, dass im „Maistream“ Fesselspiele und lustvolle Unterwerfungen zunehmen, aber würde man die Befragung anderwärts vornehmen, würden selbst verständlich andere Ergebnisse erzielt.
Geschmunzelt habe ich auch über diesen kleinen Statistiktrick (Zitat EXPRESS):
44 Prozent der befragten Männer finden es erotisch, ihre Partnerin kontrollieren zu können. Im Gegenzug ist für 55 Prozent der Frauen die Machtlosigkeit das Erregende beim Fesselspiel.
Ich bin überzeugt, dass in die meisten Leser (vor allem solche des EXPRESS) den Trick nicht einmal wahrnehmen.