Buchhändler macht Front gegen „Shades of Grey“
Ist es nur eine PR-Kampagne? Dann ist sie infam. Oder ist es tatsächlich die Auffassung der Hugendubel-Buchhandlungen? Jedenfalls wird eines klar: Der Buchhändler Hugendubel bezieht in einer Weise Stellung zu dem Buch „Shades of Grey – Geheimes Verlangen“, die jeder Beschreibung spottet. Wörtlich heißt es bei Hugendubel (wortgleich bei WELTBILD):
Die hier beschriebene Unterwerfung der Frau widerspricht dem Welt- und Menschenbild, von dem wir uns als Buchhändler leiten lassen.
Wie bitte? Verkaufen Buchhändler ab morgen auch keine Bibeln mehr, die ja auch Bestandteile eines „Welt- und Menschenbilds“ enthalten, das jede heutige Frau mit Abscheu von sich weisen würde? Und wo bleibt denn bitte die Gedankenfreiheit, ohne die wir alle (Autoren und Buchhändler) gar nicht existieren würden?
Ich bin ein Kritiker dieses Buches. Ich halte es für einen sexuell aufgemotzten billigen Kitsch-Groschenroman. Das ist die eine Seite. Aber ich erwarte, dass dieses Buch nicht anders behandelt wird als der übrige Liebeskitsch, der bei jedem Buchhändler die Regale und die Kassen füllt. Was soll dann bitte dieser Spruch? (Zitat)
Und wir erfahren, dass diese Einschätzung von vielen Leserinnen und Lesern genauso geteilt wird wie von Autorinnen und Autoren sowie der professionellen Buchkritik.
Und dann kommt die unglaubliche Erkenntnis einer Frau Stephenie Meyer, die selber unter dem Verdacht steht, billige Serienromane für den simplen Volksgeschmack zu schreiben:
Das ist wirklich nicht mein Genre, nicht mein Ding.
Ja bitte, wen interessiert denn, wessen „Ding“ dies ist?
Auch der Rest des Artikels ist völlig einseitig: Was eine gewisse Katie Roiphe in „Newsweek“ schreibt, beruht auf einem falschen Verständnis dieses Buches: Hier haben wie keine Vorlage für weibliche Verhaltensweisen, sondern eine neuartige Kitschkomponente für Liebesromane, die zufälligerweise dem SM-Bereich entnommen wurde. Das ist definitiv alles. Frau Roiphe hat übrigens eine Menge Widerspruch von andersgearteten Feministinnen bekommen für ihre altmütterliche Auffassung. Und wenn die ebenso unbekannte Anwältin Meg Lazarus nicht versteht, warum das Buch so viele Frauen bewegt, dann empfehle ich ihr, ihr Verständnis einmal ein wenig auszudehnen – das ist immer gut, um sich in die Angelegenheiten anderer hineinzudenken.
Bleibt die Frage, was Hugendubel und der Weltbild-Verlag sich gedacht haben – und selbstverständlich wäre auch interessant, was die übrigen deutschen Buchhändler sich so denken.
Via: Merkur Online
(Wenn Sie wirklich interessiert sind, ob die Sache frauenfeindlich ist – lesen Sie die Buchkritik in „Psychologie Today“