Die hochnäsigen Maiden auf der Spielwiese
Sie spielen ein Spiel. Sie spielen damit, kein Spiel zu spielen.
Ronald D. Laing – Knoten
Seit das Wort „Dating“ in den deutschen Sprachgebrauch übernommen wurde, hat eine Rückentwicklung der an sich recht pragmatischen Rendezvous-Kultur in Deutschland stattgefunden. Seither gibt es „Ratschläge fürs erste Date“, seither wird vorgeschlagen, dass sich erwachsene Frauen wie unmündige Kinder benehmen, und seither benehmen sich gewisse Frauen weit über 30 tatsächlich wie die Teenager. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn sie wenigstens darüber schweigen würden – verkicherte Mädchenfrauen zwischen 30 und 40 hat es früher auch schon gegeben, aber sie hielten sich öffentlich zurück, weil sie sonst aufs soziale Abstellgleis geschickt worden wären. Heute ist es genau umgekehrt: Ein paar naseweise, durchaus zielgerichtet geschmacklose Frauen schildern ihre Erlebnisse, die sie im Erwachsenenalter haben in einer Weise, als wären sie noch grün hinter den Ohren. Das gefällt all jenen, die selber nicht wirklich erwachsen werden wollen – und diese Gruppe wird immer größer.
Jeder Ort wird zur Spielweise für Falschspielerinnen
Freilich – die Spielwiesen haben sich gewandelt, aber die Krux ist: Heute haben alle alles zur Spielweise erklärt. Ob auf der Allmende oder auf einer stillen Lichtung mit wilden Orchideen, überall sitzen diese Damen herum und sagen: „Spiel mit mir, aber wehe, du zeigst mir, dass du mit mir spielst.“ Das Laing´sche Gedicht von dem Spiel, das man nicht offenlegen darf, wird heute zur Realität.
Das Spiel „Partnersuche“ und die angebliche Unreife
Offiziell heißt das Spiel „Partnersuche“. Dagegen kann man nichts haben, denn „Partnersuche“ ist immer und überall ein Spiel. Aber in Wahrheit heißt dieses Spiel: „Ich versuche mich mal mit Partnern, aber eigentlich bin ich viel zu unreif, um einen zu haben.“ Erstaunlich ist dabei: Männer fühlen sich bis ins mittlere Mannesalter nicht reif genug (das sagen sie jedenfalls), während Frauen ab dem mittleren Frauenalter plötzlich feststellen, dass sie selbst jetzt noch nicht reif für eine Beziehung sind.
Beide Auffassungen fallen vermutlich in den Bereich des Selbstbetrugs: Reif für eine Beziehung ist man dann, wenn man mit großem Ernst und dennoch viel Freude eine erhebliche Veränderung durch die Beziehung einplant.
Sie spielen in jedem Netzwerk herum – sogar in Partnervermittlungen
Die hochnäsigen Maiden auf der Spielweise – inklusive ihrer Spielkameraden – finden sich heute unglücklicherweise überall. Wir hören oft, dass entsprechende Frauen „in einem bekannten sozialen Netzwerk und bei einer ebenso bekannten Online-Partneragentur“ parallel suchen. Sie tun dies, weil ihnen geflüstert wird, dass „Networking“ unheimlich wichtig für Beziehungen ist, und weil es schick ist, sich am „Matching“ zu orientieren. Wie meine Leserinnen und Leser wissen, ist gegen das „Matching“ im Prinzip nichts einzuwenden, solange man es als ein mögliches Hilfsmittel ansieht. Aber was sollen wir von Partnersuchenden halten, denen eigene Kriterien fehlen, und die sich aus Mangel an Selbsterkenntnis an solche Strohhalme klammern? Wer es ernsthaft tut, kann kaum behaupten, erwachsen zu sein.
Sie sagen, kein Spiel zu spielen – und spielen damit
Weil wir entsprechende Frauen (und sicher auch vereinzelte Männer) überall finden, sind wir auch ihre Spielkameraden, wenn wir uns nicht abschotten. Um noch einmal Laing zu erwähnen: Wenn wir diesen Personen sagen, dass sie damit spielen, kein Spiel zu spielen, dann brechen wir ihre Regeln – und Regelbrecher werden durch Ignorieren oder Hassausbrüche bestraft. Wenn wir uns also nicht selber abschotten, dann werden wir ausgeschlossen. Also müssen wir von vornherein sagen: „Nein, euer Spiel spielen wir nicht“, auch wenn sie noch so sehr mit flehenden Augen behaupten, doch auf keinen Fall ein Spiel zu spielen.
Selbstverständlich spielen nicht nur Frauen – sie könnten es nicht ohne willfährige Männer. Auf der anderen Seite – und diese Argumente höre ich täglich – beklagen sich ja gerade Frauen, dass Männer mit ihnen ihre Spiele spielen. Wie kommt das zusammen?
Das miese Männerspiel läuft anders als das miese Frauenspiel
Die Sache ist einfach: Dreiste Männer spielen eine andere Art Spiel als hochnäsige Frauen, und ihre Gespielinnen sind Frauen, die anders denken und handeln. Diese Art Mann geht beispielsweise eine Art Wette mit sich selbst ein, dass er die Frau „flachlegt“ – und hat er es geschafft, dann fragt er nicht, warum.
Was aber machen die jungmädchenhaft agierenden Frauen in mittleren Jahren? Sie spielen auf Verlust, gehen also nicht von einem Sieg aus, sondern von einer kalkulierten Niederlage. Das Spiel geht ungefähr so: „Ich gebe vor, Interesse an ihm zu haben, bis sich ein Problem herausstellt, dann beende ich das Spiel – Probleme kann ich nicht gebrauchen.“ Dieses „Problem“ kann in allem liegen: Er will, zu wenig Sex oder zu viel Sex, arbeitet zu wenig oder zu viel, will nicht heiraten oder zu bald heiraten … die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Hauptsache, es geht schief, dann wurde das hochnäsige Vorurteil der spät suchenden Maiden bestätigt. Haben wir Männer Glück, dann sagen diese Frauen uns „Ich bin wohl noch nicht (mit 35 oder 45!) beziehungsfähig“, haben wir Pech, dann sind wir Scheißkerle.
Damit dies klar ist: Ich bin ein Mann, aber nicht betroffen. Ich denke aber, dass sich genügend Männer in die „Spiele der Maiden“ einlassen – und damit viel Zeit vergeuden, wenn sie sich nicht sogar zum Kasper machen.
Anmerkung: Das Buch „Knoten“ ist nach Recherchen des Verfassers nur noch in englischer Ausgabe erhältlich.