Jedes neue Mitglied kostet Geld – aber wie viel?
Im ersten Teil beschäftigte sich unser Autor mit der Anzahl der für Online-Dating zur Verfügung stehenden Singles. Im zweiten Teil wurde beleuchtet, wie die Mitgliederzahlen aufgeblasen wurden, um Eindruck zu schinden.Heute geht es um Geld – um viel Geld, wie Sie bald erkennen werden.
Mitglieder nur gegen Geld: Der teure Kunde
Es gibt mehrere Möglichkeiten, die ersten Kunden zu gewinnen.
1. Ein Unternehmen zu kaufen, das tatsächlich zahlende Kunden hat.
2. Kunden gegen Provisionszahlungen zu akquirieren. (Affiliate Marketing)
3. Online-Werbung ohne Provisionszahlungen zu versuchen.
4. Traditionelle Werbung zu schalten (Zeitungen, Illustrierte)
5. Fernsehwerbung bei genügend Anfangskapital einzusetzen.
6. Die ersten Kunden tatsächlich völlig kostenlos teilnehmen zu lassen. (Auch dabei entstehen allerdings Werbungskosten)
7. Sich an einem White-Label-Konzept zu beteiligen.
8. Datenbanken mit angeblichen Mitgliedern zu kaufen.
9. Kooperationen mit ähnlich gelagerten Unternehmen einzugehen.
Von all diesen Möglichkeiten bleiben dem kapitalarmen Neuankömmling am Markt nur wenige übrig. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir hier nur recht wenige Methoden beleuchten können. Eine sehr übliche Methode bei Einsteigern mit wenig Eigenkapital ist die Online-Werbung, die sich für kontinuierlichen Kundengewinn eignet – aber wie bekommt man möglichst rasch einen genügend großen Kundenstamm? Betrachten wir zunächst einmal, was die Giganten getan haben, und wie viel sie ungefähr für einen Kunden zahlten.
Was kostete der einzelne Kunde beim Kauf eines Unternehmens?
In guten Zeiten (2007) zahlte man für etwa 5 Mio. Interessenten mit teils längst abgelaufenen Konten 25 Millionen Euro, also etwa 5 Euro pro „vagen, möglicherweise bereits obsoleten Interessenten“. Bedeutet hätte dies rechnerisch gegen 250 Euro pro „Echtkunde“ also pro aktiven Kunden, doch wissen wir aus verlässlichen Presseinformationen, dass pro „Subscirber“ (Zahlendes Mitglied) damals gegen 1000 Euro gezahlt wurden. Da der Kaufpreis allgemein als extrem hoch angesehen wurde, ist der Preis pro Mitglied ausgesprochen überhöht und er kann deshalb nicht als Maßstab genommen werden. Insoweit sollte man mit einem niedrigeren „Kaufpreis pro Mitglied“ rechnen können – nach unserer Einschätzung heute noch höchstens 250 Euro.
Nicht erreicht wurde das Ziel, einen europäischen Giganten in bereits schlechter werdenden Zeiten für insgesamt 500 Mio. Euro zu verkaufen – das wären in diesem Fall gegen 12 Euro pro „vagen, möglicherweise obsoleten Interessenten“ und gegen 550 Euro für ein zahlendes Mitglied gewesen.
In heutigen Zeiten – das wissen alle Marktbeobachter – wird in keinem Fall mehr so viel Geld verlangt/geboten, da der Markt der Singlebörsen zu gesättigt ist und teilweise bereits Überangebote bestehen. Man kann deshalb mit Fug und recht sagen, dass in früheren Zeiten „Wachstumsaussichten“ mit verkauft worden sind, die sich seit spätestens 2008 als Illusionen erwiesen – damals stagnierte der Umsatz der Singlebörsen erstmals, um im Folgejahr zu fallen – seither befindet sich der Umsatz im Abwärtstrend. Die Anzahl der Nutzer ging nach Angaben von Brancheninsidern bereits 2007 zurück.
Wie hoch liegen die Kaufkosten pro Mitglied also?
Die Kosten pro Mitglied richten sich bei Übernahmen und Aufkäufen neben dem guten Namen des Unternehmens nach der Anzahl der zahlenden Kunden und dem Potenzial der Interessenten. Je nach der Art des Unternehmens (Free, Fremium oder Bezahlen) kann damit gerechnet werden, pro Premium-Mitglied etwa 5 bis 100 Euro, pro Interessent gegen 1 bis 5 Euro zu zahlen. Die sehr unterschiedlichen Zahlen ergeben sich daraus, dass Free-Dating-Mitglieder nur einen äußerst geringen Marktwert haben.
Neuakquisition – woher kommen die Mitglieder?
Ich habe einmal einen Gründer gefragt, woher er seine ersten 1000 Mitglieder nehmen will – denn unter 1000 Mitgliedern kann man nicht einmal behaupten, eine Singlebörse zu betreiben. Die Antwort klang ähnlich, wie sie heute gegeben wird: mit Online-Marketing. Schon damals habe ich nicht geglaubt, dass man alleine mit Online-Marketing die erforderlichen Kunden bekommen kann – schon allein deswegen nicht, weil die potenziellen Interessenten immer eine Vielzahl von Möglichkeiten haben, Konkurrenten zu wählen, der bekannter ist als die „neue Marke“.
„Affiliate Marketing“ – die Kosten können enorm sein
Ein weiteres Problem liegt im „Affiliate Marketing“. Hier haben neue Betreiber oft völlig falsche Vorstellungen, was ein neuer Interessent oder gar ein neues Mitglied kostet. Frühere Vorstellungen, einen Interessenten für unter einem Euro und einen Kunden für 10 Euro gewinnen zu können, müssen heute in den Bereich der Fantasie verwiesen werden. Aktuell werden in der Branche gegen 50 – 70 Euro für ein gewöhnliches (zahlendes) Mitglied ausgelobt, jedoch liegen die Spitzensätze noch weitaus höher – in der Branche ist die Rede von bis zu 120,00 Euro für ein neues Mitglied. Zwar zahlen vereinzelte Unternehmen noch ein „Zigarettengeld“ in Höhe von gegen 0,50 Euro pro Interessent, die Spitze liegt aber längst in der Gegend von 5 – 7 Euro.
Die niedrigeren Provisionen für Interessentenwerbung werden zumeist von Firmen bezahlt, die sich schon ein wenig etabliert haben, während die Spitzensätze oft von Neueinsteigern geboten werden. Rechnen wir mit 7 Euro pro Interessent, dann kostet ein zahlendes Mitglied selbst bei intensiver Werbe-Betrommelung immer noch gegen 70 Euro – und das bedeutet für ein neues Unternehmen bereits, an der Verlustzone entlang zu schrammen, weil die typischen Singlebörsen heute kaum noch über 50 Euro pro Kunde als Erstbeitrag einnehmen können. Selbst, wenn das Verhältnis etwas günstiger sein sollte, sind immer noch keine Gehälter, Software- und Hostingkosten bezahlt.
Lesen Sie morgen eine Zusammenfassung – und warum sie besser keine Singlebörse gründen sollten.