Singlebörsen-Neugründungen – die Wahrheit über den Markt
Trotz vieler Warnungen ist es immer noch beliebt, Singlebörsen zu gründen. Gerade las ich von einem Gründer, der glaubt, innerhalb eines einzigen Jahres 60.000 Mitglieder aus dem Stand „generieren“ zu können. Die meisten Gründer wissen, wenn sie ehrlich sind, dass 60.000 Mitglieder nicht nur 60.000 Zahler sind, sondern auch 60.000 Menschen, die zunächst überzeugt und dann gehalten werden müssen. Sieht man vorab einmal von dem immens hohen Werbeeinsatz ab, so bedeutet dies auch, entsprechend Personal vorzuhalten. „Free Dating“ Betreiber zum Beispiel sagten der Liebepur, (1) dass sie unter andere auch deswegen auf Mitgliedsbeiträge verzichten, weil ihnen die Buchhaltung dafür zu teuer ist. Eine Faustregel besagt, dass man pro Million Umsatz einen Mitarbeiter benötigt – aber das gilt für etablierte Unternehmen. Junge Unternehmen brauchen wesentlich mehr Mitarbeiter, um erst einmal auf die Beine zu kommen.
Ist eDarling ein brauchbares Vorbild für Gründer?
In der Tat hört man auch vereinzelt von Erfolgen – der spektakulärste ist zweifelsohne die Gründung von eDarling. Allerdings betreiben die Leute dort keine Singlebörse, sondern eine Online-Partnervermittlung. Überhaupt ist die „Erfolgsgeschichte“ von eDarling kein Maßstab, denn hier wurde eine Riesensumme an Geld vorab eingesetzt, ein neues Werbekonzept verwirklicht, das kaum wiederholbar ist und man fand einen starken US-amerikanischen Partner, der eDarling praktisch das gesamte Europageschäft (außer dem Vereinigten Königreich) überließ. Dennoch wartet man noch auf den Gewinn: Es ist kein Geheimnis, dass eDarling bisher nicht profitabel war.
Das Potenzial ist viel geringer als Gründer glauben
Eines der größten Probleme der neuen Online-Partnerbörsen liegt in der Anwerbung und Abwerbung von neuen, zahlenden Mitgliedern. Betrachten wir zunächst den Markt: Ach ja, er ist riesig, nicht wahr? Sieben Millionen Singles sollen aktuell am Markt suchen – was nicht heißt, dass man sie auch einfach mit dem Schmetterlingsnetz beim Vorbeifliegen einfangen kann. Nach Hochrechnung der Liebepur suchen derzeit allerdings maximal zwei Millionen Singles wirklich im Internet. Unsere Zahl unterscheidet sich vom Mainstream dadurch, dass wir anders rechnen – Sie können selbst entscheiden, welcher Zahl Sie glauben. Nehmen, wir einmal an, von diesen zwei Millionen würden tatsächlich 60 Prozent bezahlte Singlebörsen (ohne Online-Partneragenturen) nutzen, so kämen wir auf 1,2 Mio. suchende Singles und einen Branchenumsatz von gegen 60 Mio. Euro. Damit treffen wir fast die Zahl, die der Singlebörsen-Vergleich ermittelt hat. (68,9 Mio. Euro für reine Singlebörsen) (3). Gründer mit geringen Ambitionen fragen sich nun ja immer, ob es nicht wenigstens möglich wäre, „ein Prozent“ davon zu bekommen: Das heiße dann also, 12.000 zahlende Singles einzufangen oder 0,6 Mio. Umsatz zu erzielen.
Kleine Singlesebörse: geringe Effektivität, kaum Umsatz
Bleiben wir mal dem einen Prozent und den 12.000 Singles. Eine Singlebörse, die tatsächlich 12.000 zahlende Mitglieder zustande bringt, ist in Deutschland schon recht gut etabliert. Der erwartete Umsatz liegt dann bei gegen 0,6 Mio. Euro bei einem sehr geringen Gewinnanteil. Davon drei gestandene Personen zu bezahlen, liegt schon an der Grenze des Möglichen. Es ist unbekannt, wie viele Unternehmen in dieser Liga (oder noch tiefer) herumkrebsen, aber es ist mit Sicherheit inzwischen die Mehrheit der mehr als 2000 geschätzten deutschen Dating-Unternehmer.
(1) Veranstaltung zum Online Dating Summit, Barcelona 2012.
(2) Liebepur-Hochrechnung, 2012
(3) Singlebösen-Vergleich, Onlien-Dating-Markt 2010/2011 .
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