Viele Frauen träumen von erotischer Gewalt – wie kommt das?
Immer mehr Frauen träumen offenbar von erotischer Gewalt – dies ergab eine eindeutige Studie von Dr. Jenny Bivona und Dr. Raj Persaud. Demnach hatten gute 62 Prozent der Frauen erotische Fantasien, in denen verschiedene Formen der Überwältigung vorkamen. 52 Prozent gaben an, dass in ihren Fantasien die Gewalt von einem Mann ausginge, während 17 Prozent sagten, sie hätten erotische Gewaltfantasien mit Frauen. Die Zahlen addieren sich nicht, weil Mehrfachnennungen möglich waren.
Psychologie und Religion -darf die Frau sexuell dominant sein?
Die Psychologie hat vielfach versuche unternommen, diese erotischen Träume zu erklären – doch hat sie es nie vermocht. Die Diskrepanz zwischen vollständiger Emanzipation in allen Lebensbereichen und der Vorstellung, dennoch einen Mann sexuell „bedienen zu müssen“ oder „unter ihm zu liegen“ hat ja nicht erst die Menschen der Neuzeit beschäftigt. Schon im legendären Konflikt zwischen Adam und Lilith ging es darum, wer beim Sex dominieren darf, dann wenn Gottes Geschöpfe gleich als Mann und Frau geschaffen wurden, müssten sie von Natur aus gleich berechtigt sein. Sie alle wissen, wie die Geschichte ausging: Gott verwarf das Modell zweier gleichberechtigter Geschlechter und schuf Eva – und dann sollte eine ganze Weile Ruhe sein mit dem Thema.
Die Psychologie tut sich vor allem deshalb so schwer mit dem Thema, weil die „Es kann, nicht sein, was nicht sein darf“ Fraktion in den letzten Jahrzehnten an Stärke zugenommen hat. In diesem Zusammenhang wurden weibliche Fantasien, die mit Lust und Gewalt zusammenhingen, als nicht existent betrachtet. Wenn ihre Existenz gar nicht mehr zu leugnen war, glaubte man, dass diese Probleme individueller Natur waren – und möglicherweise Ausdruck eines individuellen frühkindlichen Erlebens. Die traditionelle Psychologen hingegen behaupteten, dass eine Art „Vorausschauende Verantwortungsvermeidung“ („sexual blame avoidance“) für den Geschlechtsakt im Spiel sei.
Gewaltfantasien – Ekel, eklige Lust oder reine Lust?
Hätte die Psychologie recht mit ihrer Annahme, dass durch erotische Fantasien überwiegend der Ekel vor der „Übermannung“ abgebaut werden soll, der dem Geschlechtsakt immer noch emotional innewohnt, dann müssten die meisten Frauen sich vor der Fantasie ekeln. Das ist aber nicht der Fall, denn nur neun Prozent der befragten Frauen ekelten sich überwiegend während der Fantasie. Ein annähernd gleicher Prozentsatz hatte über die erotische Gewalt „gemischte erregend-abstoßende“ Gefühle und positiv-erregende Gefühle hatte. In über 90 Prozent der Fälle konnte man also davon ausgehen, dass die Passivität und Abhängigkeit den erotischen Reiz deutlich verstärkt hat.
Fantasien und Rollenspiele – Distanz zur Realität
Nicht verantwortlich zu sein für das, was geschieht, ist einer der Eckpfeiler in sogenannten erotischen Rollenspielen. Es könnte daher sein, dass die Fantasien sozusagen eine Ersatzhandlung für erotische Rollenspiele sind. Wäre dies der Fall, so hätten Psychologen ein weiteres Problem: Zwischen den erotischen Fantasien und der Realität gäbe es dann noch eine Zwischenstufe, das erotische Spiel. Bekanntermaßen werden die meisten erotischen Rollenspiele so angelegt, dass einer der beiden Beteiligten für alles, der andere aber für nichts verantwortlich ist.
Fantasie, Lust und Gewalt in beide Richtungen
Interessanterweise hatten die Frauen, die häufig Vergewaltigungsfantasien hervorbrachten, auch die Fantasie, einen Mann gegen seinen Willen zu erotischen Spielen zu zwingen. Es wäre in diesem Zusammenhang interessant zu erfahren, wie viele Männer darüber fantasieren, sich der Gewalt von Frauen auszusetzen – nach den geschätzten Frequentierungen sogenannter Domina-Studios muss die Zahl solcher Männer in die Hunderttausend gehen.
Hinweis: Das Wort „Gewalt“ wurde hier als „Gewalt wider Willen“ benutzt.
Quellen: Huffngton Post, US National Library of Medicine National Institutes of Health Search, sowie scribd