Die „systematische“ Partnersuche – die neue Unvernunft?
Es gibt Systeme, die zu Erfolgen führen. Manche Menschen setzen sie ein und sie erleben dieses „Wow“-Gefühl, und wenn sie dafür kräftig die Werbetrommel rühren, dann heißt es: „Wie besitzen das Erfolgssystem – kaufen Sie es doch auch, dann haben Sie ebenfalls Erfolg.“
Warum Erfolgssysteme nur wenigen Menschen helfen
Eine einfache Überlegung mag Ihnen zeigen, dass diese Aufforderung mit Vorsicht zu genießen ist:
Zeichnen Sie vier Kästchen und schätzen Sie die Personenzahlen: Menschen, die das Erfolgssystem nutzen und Erfolg haben, solche, die es nicht nutzen und dennoch Erfolg haben, solche, die es nicht nutzen und keinen Erfolg haben und solche, die es nutzen, aber dennoch keinen Erfolg haben.
Sie werden sofort erkennen, dass diejenigen, die es nutzen und Erfolg haben, eine kleine Minderheit darstellen. Das gilt übrigens für die „Erfolgssysteme“ betrügersicher Schlitzohren ebenso wie für Erfolgsrezepte, die eine wissenschaftliche Grundlage haben. Ich selber benutze seit Jahrzehnten ein dreistufiges, erfolgreiches Problemlösungssystem, mit dem sicher nur eine Minderheit arbeitet – aber ich persönlich habe damit Erfolg.
Partner systematisch suchen – wissen, wen man will
Kann man seinen Partner „systematisch“ suchen? Das kommt sehr darauf an, was Sie unter einem System verstehen. Einer der möglichen Wege, einen Partner „systematisch“ zu suchen, besteht darin, ungeeignete Partner von vornherein abzufiltern. Es setzt nun allerdings voraus, dass sie wissen, wer „ungeeignet“ ist. Besser wäre im Grunde, Sie wüssten genau, wer sich eignet – das ist die zweite Methode, um systematisch zu suchen. Das dabei am meisten verwendete System ist ein Raster: Sie suchen alle Menschen, die im Umkreis einer bestimmten Entfernung wohnen, sich innerhalb einer begrenzten Altersspanne befinden, und vielleicht noch eine gute Ausbildung haben. Rastersuche kann erfolgreich sein, aber sie hat einen kleinen Haken: In jeder Ecke schlummern dann unbekannte Kandidaten, die wegen der Willkür des Rasters herausfallen, weniger theoretisch:
1. Die Kandidatin wohnt nicht 25, sondern 26 Kilometer von Ihrem Wohnort – sie wäre aber per Bahn oder Auto wesentlich leichter zu erreichen.
2. Der Kandidat ist 41, sie haben aber die Altersgrenze auf 39 gesetzt.
3. Ihr Wunschmann soll eine akademische Ausbildung haben. Ein Betriebswirt gilt nicht notwendigerweise als Akademiker. Er könnte aber dennoch zu Ihnen passen.
Passende Partner finden – gibt es „den Richtigen“?
Viel schwieriger wird es, einen „wirklich passenden Partner“ zu finden oder, wie man auch sagt, „den Richtigen“ respektive „die Richtige“. Ganz unverblümt sagen Ihnen Wissenschaftler, dass sie „den Richtigen“ schon deshalb nicht finden können, weil es „den“ Richtigen gar nicht gibt. Es gibt nur immer „eine Reihe von möglichen“ Partnern – und diejenigen, die infrage kommen, tragen keinen T-Shirt-Aufdruck: „Hier kommt der Richtige“. Also bleibt Ihnen gar nichts anderes übrige, als sich an Fremde heranzutasten, so lange, bis Sie ganz sicher sind, dass diese Person „richtig“ ist.
In der Regel sind es drei Punkte, anhand derer sie erkennen, dass „der Richtige“ („die Richtige“) gekommen ist:
1. Er/Sie ist Ihnen „vertraut“. Sie fühlen sich wohl an seiner/ihrer Seite.
2. Er/Sie wirkt offen, hat plausible Gründe, jetzt und hier vor Ihnen zu sitzen und wirkt interessant genug, um ein zweites Date auszumachen.
3. Sie spüren, dass sich da „etwas entwicklen“ könnte – es müssen nicht gleich „Schmetterlinge im Bauch“ sein.
Was geht – was geht nicht mit System bei der Partnersuche?
„Mit System“ können Sie suchen, wenn Sie klare, verbindliche und erfüllbare Vorstellungen von einer Partnerschaft haben. Haben sie diese nicht, versuchen Partneragenturen, diesen Teil für Sie zu erledigen: Sie behaupten, sie hätten einen psychologisch fundierten Schlüssel zum Glück – und schlagen Ihnen daraufhin Partner vor. Der Erfolg liegt bei etwa 35 Prozent – das ist vergleichsweise sehr hoch, verglichen mit der Anwesenheit bei Festen, Veranstaltungen und dergleichen. Ob Sie ihren Partner am Ende wegen, trotz, oder ungeachtet der Übereinstimmung wählen, ist niemals mit Sicherheit zu klären. In der Regel sagt man, dass die „besten Matches“ nicht die besten Partnerschaften ergeben. Dies mag Ihnen als Anhaltspunkt dienen.
Gefahr der unendlichen Suche
Eine der Gefahren der systematischen Suche besteht in dem Satz: „Führe Suchen aus, bis du das perfekte Match gefunden hast“. In der Programmierung nennt man so etwas eine Endlosschleife, denn wenn Sie „niemanden finden“, dann gehen Sie ein Date nach dem anderen ein, ohne dabei glücklich zu werden. Besser wäre die Anweisung: „Führe Suchen aus, bis du gefunden hast, aber maximal bis zu einem Dutzend Dates.“ Der Grund für diese Einschränkung: Wenn Sie nach etwa sieben bis 12 Dates niemanden gefunden haben, besteht Anlass, einen Suchirrtum anzunehmen. Dann sollten Sie diesen Irrtum erst einmal revidieren, bevor sie die nächsten Versuche unternehmen.
Systematisch suchen lohnt sich oft nicht
Falls Sie diese Zeile überhaupt noch lesen: Überlegen sie bitte noch einmal, ob es sich überhaupt lohnt, „systematisch“ zu suchen. Ihre potenziellen Partner(innen) suchen nämlich auch, und wenn alle ein eigenes „System“ benutzen, ist ziemlich wahrscheinlich, dass es kaum zu sinnvollen Kontakten kommt. Besser ist es oft, sich einfach einmal ein wenig „einzulassen“ und dabei festzustellen, ob die vorgeblichen Unterschiede im Denken, Fühlen und Handeln sich nicht vielleicht überwinden ließen.