Gleich und Gleich – des Psychologen Lieblingsthese
Wie kann man eine Meinung bezweifeln, die der Volksmund in mehreren Sprachen geprägt hat und die angeblich die Mehrheit der Wissenschaftler teilt? Vor allem dadurch, dass man sich vergegenwärtigt, wie oberflächlich damit umgegangen wird.
Gleich und Gleich – warum der Begriff ebenso richtig wie falsch ist
Nehmen wir zunächst den Volksmund: „Gleich und Gleich gesellt sich gerne“ ist als Aussage nicht falsch. Auch der englische Begriff „Vögel mit gleichem Gefieder kommen häufig zusammen“ ist keinesfalls aus der Luft gegriffen. Dennoch sind beide Aussagen falsch, wenn sie aus dem Zusammenhang gerissen werden, in dem sie gebraucht wurden: Auf gesellschaftlicher Ebene kommen immer wieder die Menschen zusammen, die glauben, zueinander zu gehören. In jeder Stadt gibt es diese Lokale, in denen die Leute verkehren, die sich als „etwas ganz besonderes“ fühlen – sie bilden eine Gruppe „mit gleichem Gefieder“. Was sie sonst trennt oder vereint, ist völlig unsicher. In der gleichen Stadt kommt sicherlich aber auch eine Gruppe der „Anonymen Alkoholiker“ zusammen, die in sich „gleich“ ist – in einem Problem, das alle haben. Das bedeutet mitnichten, dass sie alle auch sonst „gleich“ sind.
Persönlichkeit und Charakter – hier gibt es keine „Gleichheit“
In einem Zeitalter der Oberflächlichkeiten wird daraus schnell „Menschen mit gleichem Charakter“ oder „Menschen mit gleicher Persönlichkeitsstruktur“. Doch weder in dem einen noch in dem andren Fall ist es eine Frage des Charakters oder der Persönlichkeitsstruktur. Der Satz „Gleich und Gleich gesellt sich gerne“ ist also offenkundig unabhängig von jeder Art von Persönlichkeitsmerkmalen.
Wer etwas komplizierte Denkstrukturen oder eine sogenannte „facettenreiche“ Persönlichkeit hat, wird wissen, wie schwer es ist, auch nur einen Menschen zu finden, der „in etwa ähnlich“ denkt. Zwei „gleiche“ Persönlichkeiten zu finden, ist so gut wie unmöglich – und inzwischen reden die „typischen Besserwisser“ deswegen auch nicht mehr von „gleich“, sondern nur noch von „ähnlich“.
„Gleich“ existiert nicht unter Menschen
Kein Gehirn dieser Erde wurde gleich programmiert, weil alle Menschen unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben. Das betrifft Menschen aus gleichen Gesellschaftsschichten oder Kulturen ebenso wie solche aus unterschiedlichen Kreisen. Nirgendwo finden wir „Gleichheiten“, sondern bestenfalls recht oberflächliche Ähnlichkeiten. Nur eine Wissenschaft behauptet, sie könne Gleichheiten (oder signifikante Ähnlichkeiten) feststellen: die Psychologie.
Die Dreistigkeit der Psychologie: Gleiche Persönlichkeitsmerkmale
Zu der an sich schon dreisten Behauptung, Gleichheiten feststellen zu können, gesellt sich bei der Partnersuche und Partnerwahl eine noch abenteuerlichere Behauptung: Man könne anhand der Gleichheiten feststellen, wer zueinanderpasst. Der Clou an der Sache: Jedes Mal, wenn man die Behauptungen veröffentlichte, musste man ein bisschen zurückrudern: Plötzlich sind es nicht mehr „alle“ Eigenschaften, sondern nur noch „zwei ausgewählte“, in denen Menschen gleich sein müssen, wenn die Beziehung klappen soll. Die sogenannten „Beweise“ entstammten dabei allesamt einer Rückprojektion: Man befragte langjährige Paare nach ihren Eigenschaften und stellte fest, dass jene noch zusammen waren, die an der einen oder anderen Eigenschaft ähnlich waren. Das beweist – gar nichts. Erfolgreiche Paare passen sich einander in langjährigen Beziehungen an, das heißt, sie übernehmen einen Teil des Denkens und Verhaltens des jeweils anderen – das stellten die Wissenschaftler fest. Wie diese Eigenschaften zum Zeitpunkt des Kennenlernens aussahen, wussten sie nicht. Übrigens wischten sie zu Anfang diesen logischen Einwand damit weg, dass sich die Eigenschaften des Erwachsenen kaum noch verändern – ein Trugschluss, wie sich später zeigte. Überhaupt reden Psychologen in ihrer Überheblichkeit gerne von „den Persönlichkeitsmerkmalen“, so, als ob sie diese wirklich erforschen können. In Wahrheit erforschen sie das gegenwärtige Verhalten und ordnen es bestimmten Persönlichkeitseigenschaften zu, die „als solche“ gar nicht notwendigerweise existieren müssen.
Was ergibt sich nun für Partnersuchende aus „Gleich und Gleich“?
Sie wird überraschen, was sich daraus ergibt: Für Menschen, die vor Ort, in ihrem sozialen Kreis oder an der Arbeitsstelle suchen, ergebe sich von selbst „gewisse Ähnlichkeiten“. Der Bankier trifft selten auf das Straßenmädchen (obwohl es vorkommt), während die Sekretärin häufiger auf den Organisator trifft. Lediglich atypische Persönlichkeiten, also solche, deren Denken und Fühlen auf anderen Ebenen verläuft, suchen bewusst außerhalb ihres Lebensumfeldes nach „ähnlichen“ Personen – allerdings nicht nach solchen, die „im Sinne der Psychologie“ ähnlich sind – denn die finden sie überall.
Das erste Fazit wäre also:
Es ist überflüssig, nach ähnlichen Personen zu suchen – sie finden ohnehin überwiegend ähnliche Personen in Ihrem Umfeld.
Wenn sie im Internet suchen, ist die Sache etwas anders: Hier finden Sie alle Arten von Personen, und die „Standardsucher“ müssen nur noch herausfinden, welche davon sie auch in Ihrem Alltag treffen könnten – dann liegen Sie auf der sicheren Seite. Die Menschen mit den komplizierten Persönlichkeiten wissen ohnehin, dass sie es schwer haben, eine „ähnliche“ Person zu finde- sie können ohne konkreten Bezug nach einer oder einem Geistesverwandten suchen.
Das zweite Fazit heißt deshalb:
Im Internet suchen Sie am besten nach Personen, die Sie sonst auch kennenlernen würden, nur in einem erweiterten Umfeld.
Lassen Sie sich dabei nicht davon verblenden, jemand sei „Ihnen ähnlich“ – nur Sie selbst können entscheiden, ob die Person „Ihnen ähnlich“ ist – und ob Sie überhaupt eine „ähnliche“ Person wollen.