Frau: Warum ich keinen Mann will oder doch oder auch nicht
Der Alltag ist facettenreicher als die virtuelle Welt, auch wenn es manchmal so scheint, als sei die virtuelle Welt interessanter. Doch nur im Alltag lässt sich beobachten, wie Menschen dieses „Sowohl-als-Auch“-Denken leben, das uns im Online-Dating so viel Kopfzerbrechen macht.
Es geht um „ich will einen Mann, aber …“. Nein, jetzt kommt nicht zum zweidutzendsten Mal die Arie von der Anspruchshaltung. Jetzt kommt etwas Schwierigeres: „Ich will, dass es auf eine ganz bestimmte Art passiert“, „ich will, dass ich ihn schon kenne“, „ich will, dass es … (hier können Sie jeden Ort und jede Situation eintragen) …passiert.“
„Ich bin ihm doch fremd“, sagte die Dame, „wie kann es sein, dass er mich will?“ Er will sie vielleicht gar nicht, aber sie ist zufällig die Schönste hier, derzeit unverheiratet und kaum eine Klosterschülerin. Warum sollte er sie nicht begehren? Das Wort wirkt deplatziert, nicht wahr? Er würde es anders sagen. Sie hat es anders gesagt. Sie will gar nicht erst in Verdacht geraten, es vielleicht zu wollen.
Jemanden kennenlernen? „Ich kenne doch Männer und ich mag auch Männer, falls du an so etwas denkst“, sagt sie, und nach einer Pause: „Ich mag allein sein, ich kann gut allein sein, ich habe Freundinnen.“
Sie weiß, wie er „nicht sein soll“, aber sie weiß nicht, wie er sein soll. Hat Vorstellungen in sich, aber keine, die heraus wollen. Sowieso sei ja alles ziemlich aussichtslos – die Männer wollten doch alle Frauen unter 50 (die Dame, ich verrate es, war gegen 65). Schließlich, fast wie erwartet, kam dann der Satz: „Du, das sage nicht nur ich, das sagen alle meine Freundinnen – kannst du mir glauben.“
Das alles wäre nicht mehr als eine Episode, ein Windhauch des Erlebens, wenn man es nicht auf die Partnersuchenden im Internet projizieren könnte: Ja, sie sind nun mal da, wo man früher nie hingegen wollte – Online. „Jedoch und zwar und allerdings“ … nun, da sie einmal dort sind, ergeben sich irgendwelche Einwände, die gepflegt werden wie die Blumen vor dem Fenster, ergeben sich „Eigentlichkeiten“. „Eigentlich würde ich mir ja wünschen, dass ich einen Mann ganz anders kennenlernen würde, und eigentlich ist das Kennenlernen ja so unromantisch. Fehlt nur noch: Und überhaupt. Eigentlich weiß sie nicht, warum sie keinen Mann will oder eigentlich doch einen will, aber jedenfalls eigentlich nicht auf diese Weise.
Ich hoffe, Sie, liebe Leserin, können die Einwände und Eigentlichkeiten überwinden.