Zehn Anmerkungen zur „wissenschaftlichen“ Partnersuche
Ich habe es zwar schon etliche Male getan, aber die neue Diskussion um die Formel für das beste „Matchmaking“, die kürzlich sogar ihren Weg in den „SPIEGEL“ gefunden hat (wir waren eher dran, aber das nur nebenbei) , lässt mich nicht los. Wer diesen Artikel oder meinen Artikel dazu nicht gelesen hat: Es geht um die angeblich „wissenschaftlichen“ Partnerübereinstimmungstests der Partneragenturen. Forscher hatten in einer Mega-Studie bezweifelt, dass solche Tests irgendeinen Wert haben. Da die meisten Menschen nicht wissen, wovon eigentlich wirklich die Rede ist, sei es hier noch einmal kurz aufgezeigt.
Wie Partneragenturen beim „Matching“ (Partnerauswahl) vorgehen
1. Die Geschäfts- und Vermittlungsgrundlage mancher Dating-Unternehmen besteht in einem Eingangstest, der meist als „psychologischer Test“ bezeichnet wird. Er wird mit vorgefertigten Satzkonserven oft als „Gutachten“ ausgegeben. Mithilfe der Daten wird dann ein digitalisiertes (in computerlesbare Zeichen gesetztes) Profil aufgebaut. Bis hier ist alles (auch wissenschaftlich) relativ offen und in begrenztem Maße auch nachvollziehbar.
2. Nun kommt der entscheidende Teil, der von den Firmen als „Geheimnis“ gehütet wird, obgleich er zumeist äußerst simpel ist – man vergleicht die ermittelten Eigenschaften der Mitglieder mit den Eigenschaften der Anderen. Je nach Ausrichtung des Psychologen, der das System erarbeitet hat, werden dabei mal Gleichheiten, mal Unterschiede bevorzugt zusammengeführt. Auch diese Ergebnisse werden wieder durch vorgefertigte Satzkonserven zu einem Vorschlag zusammengeführt.
In der Werbung der Unternehmen werden oft andere Dinge behauptet, zum Beispiel, dass es sich bei dem Verfahren um einen „wissenschaftlich fundierten“ Prozess handelt. Das kann allerdings nur auf den ersten Teil, oben als (1) bezeichnet, zutreffen. Der zweite Teil kann gar nicht auf Wissenschaftlichkeit untersucht werden, da er von allen Firmen als „Geheimnis“ bezeichnet wird und strenge wissenschaftliche Untersuchungen dadurch verhindert werden. Erwähnt werden sollte gerechterweise, dass es bislang kein wissenschaftlich oder außerwissenschaftlich anerkanntes Verfahren gibt, um das Glück einer Ehe vorauszusagen.
Was ist nun von der wissenschaftlichen Kritik zu halten, die jetzt immer bekannter wird, und was von den übrigen Einflussnahmen?
Zehn Anmerkungen über psychologische Partnerübereinstimmungstests (Matching)
1. Es gibt und gab andere Kriterien, die in Tests niemals erfasst wurden, gleich, welchen Namen sie trugen. Ich nenne nur soziale Herkunft, Humor und Konfliktfähigkeit. Sie spielen eine große Rolle für das Gelingen einer Ehe.
2. Die Kriterien, die heute von Tests verwendet werden, sind völlig veraltet – Kritiker gehen allerdings sogar so weit, dass sie von vornherein unbrauchbar waren.
3. Es gibt keine „alternativen Verfahren“, wie gerade wieder behauptet wird. Die zur Anwendung kommenden „neuen Verfahren“ beziehen sich größtenteils auf die Online-Auswahl, das heißt, es wird gemessen, auf wen „geklickt“ wird – das ist kommerziell interessant, aber ansonsten völliger Humbug.
4. Interessant wäre, mehr „partnerschaftsrelevante“ Kriterien abzufragen, jedoch müsste man sich dann erst einmal einig werden, welche Kriterien dafür relevant sind. Darüber herrscht aber keine Einigkeit.
5. Es ist schamlos, sich auf C.G. Jung und Sigmund Freud zu berufen. Diese haben keine Kriterien für das „Matching“ hinterlassen.
6. Sich auf das Fünffaktorenmodell (Big Five) oder Myers-Briggs zu berufen, ist ebenfalls unerhört: Beide sind nicht für Liebes- und Lebensbeziehungen entwickelt worden.
7. Kritiker, die behaupten, differenziertere Auswahlverfahren entwickelt zu haben, können ohne psychologische Kenntnisse bereits mathematisch widerlegt werden – je mehr Kriterien sie als „Ausschluss“ einführen, um den richtigen Partner zu treffen, umso weniger Partner bleiben weltweit für Sie. Das Zahlenspiel, das darüber angezettelt wurde,habe ich analysiert.
8. Der kritische Punkt ist die Geheimniskrämerei um das „Matching“. Es würde zu weit führen, hier zu sagen, was wirklich dahinter steht – aber es ist nicht identisch mit dem, was die Anbieter darin sehen.
9. Jedes Auswahlverfahren hat aber auch Vorteile – zum Beispiel dadurch, dass am Ende nicht 10.000, sondern 40 Partner als „passend“ gemeldet werden.
10. Ganz wichtig bei den Partneragenturen ist die „Vorstellung“ des Partners durch die Agentur, auch wenn sie lediglich „elektronisch“ erfolgt. Dies hilft vielen Partnersuchenden, sich im „großen Fischteich“ zu orientieren. Lesen Sie über weitere Vorteile und die Psychotests allgemein auch in der Liebeszeitung.
Haben Sie Kritik oder Anregungen zu diesem Artikel? Wollen Sie ihn auf Ihrer Webseite auszugsweise zitieren? Schreiben Sie mir bitte eine E-Mail oder hinterlassen Sie hier Ihren Kurzkommentar.
Eine Antwort auf Zehn Anmerkungen zur „wissenschaftlichen“ Partnersuche