Profile und Tricks – und warum Sie dennoch zum Date gehen sollten
Kürzlich las ich einen Satz, ähnlich wie dieser: „Heutzutage trifft man beim Online-Dating nicht seinen Wunschpartner, sondern man stellt fest, ob er tatsächlich seinem Profil entspricht“.
Wer so etwas schreibt, der hat zu viel dummes Zeug gelesen – oder er (sie) muss sich selber einmal fragen, wie er (sie) zu dieser etwas lächerlichen Überzeugung kommt.
Ich kann mir nur ein Szenario vorstellen, in dem es zutrifft: Sie fliegen nach Timbuktu, um ihre Traumpartnerin zu treffen (30, Architektin mit Kinderwunsch), stellen fest, dass sie strohdumm und 10 Jahre älter ist und dass sie vier Kinder hat. Na schön, vielleicht reicht es auch, aus der friesischen Provinz mit mehreren Umsteigeaktionen nach Oldenburg zu fahren, um auf diese Weise enttäuscht zu werden.
Aber dann: Jeder Mensch kann theoretisch zu Ihnen passen, gleich, ob sein Profil exakt dem entspricht, was Sie herausgelesen haben. In Profilen gibt es Understatement und Overstatement, und beides hat durchaus einen gewissen Sinn. Nicht jeder, der seien Vorzüge überhöhnt, ist ein Hochstapler, und nicht jeder, der sein Licht unter den Scheffel stellt, ist eine verdruckte Gestalt.
Profile: übertreiben und untertreiben
– Ein Intellektueller muss kein Akademiker sein.
– Ein Künstler muss nicht arm sein wie eine Kirchenmaus.
– Ein gebildeter Mann (einem Akademiker gleich gestellt) kann (demnächst) ein Fleischermeister sein.
– „In Führungsposition“ kann eine örtliche Filialleiterin mit einer weiteren Angestellten sein.
– Ein Akademiker kann Taxifahrer sein.
– Eine „Frau im medizinischen Berufsumfeld“ kann eine Ärztin mit Understatement sein.
– „Im pädagogischen Bereich tätig“ kann eine Sportlehrerin sein oder eine Schulleiterin.
– Eine „Frau, 34, mit Abitur“ kann einen erheblichen Persönlichkeitsmangel haben – oder sie kann eine gute Berufsausbildung wegen der Familie abgebrochen haben.
– Eine „Dame, 33, ortsunabhängig“ kann Hartz-IV-Empfängerin, Abenteurerin oder Tochter reicher Eltern sein.
In der Regel sind es wirklich Kleinigkeiten, über die „geflunkert“ wird, und wer dies nicht erträgt, ist sowieso bei der Partnersuche im Hintertreffen. Mit anderen Worten: Wer Perfektion sucht, kommt mit leeren Händen zurück.
Die perfekte Frau – eine Illusion
Oder glauben Sie (als Mann) diese Frau gäbe es wirklich?
– Perfekt gestylt, von den Zehennägeln bis zu den Haarspitzen
– Alter zwischen 23 und 27.
– Vor Ihnen hatte sie höchstens zwei Freunde.
– Erotisch ist sie äußerst erfahren und macht alles mit.
– Kleidergröße 36, mindesten BH mindestens C-Cup.
– Möglichst Akademikerin, aber keine Karriereabsichten.
– Liegt Ihnen finanziell nicht auf der Tasche.
– Ist sozial eingestellt und eignet sich als Mutter.
– Mit hieb- und stichfestem Persönlichkeitsgutachten.
– Kann polizeiliches Führungszeugnis vorlegen.
– Hat kürzlich einen AIDS-Test durchführen lassen.
Sicher – das ist ziemlich übertrieben, aber wenn Sie ein paar Abstriche machen – haben Sie etwa nicht gehofft, so eine Frau zu treffen?
Mein Rat an Sie alle: Treffen Sie Ihren Partner erst nach einem ausführlichen, aber nicht inquisitorischen Telefongespräch. Wenn Sie ihn dann treffen – schenken Sie ihm alle Aufmerksamkeit, zu der Sie fähig sind – auch, falls „sie“ ein bisschen älter oder „er“ ein bisschen kleiner ist, als es im Profil angegeben wurde.
Bild striktes © 2011 by liebesverlag.de