Unsinnige Zahlenspiele um die Partnerwahl
Zahlenspiele sind faszinierend – aber stimmen sie auch? Das eHarmony Blog behauptet, dass durch die Algorithmen, die Partneragenturen bei der Partnerzusammenführung benutzen, eine Trefferquote „im Rahmen von drei bis vier Promille“ möglich wäre – und hält diese Quote für zu hoch.
Das bedeutet nun, so sagt das eHarmony Blog, dass eine Firma, die eine Datenbank mit 10 Mio. Mitgliedern aufweisen kann, etwa 35.000 in hohem Maß kompatible Personen beinhaltet. Das Blog schreibt weiter, dass die der Einwohnerschaft einer mittleren Kleinstadt entspräche. Kritisiert wird sodann, dass dies keine zuverlässige Methode sei. Empfohlen wird, auf eine andere, bessere Auswahlmethode zurückzugreifen und die „Big Five“ nicht mehr anzuwenden, sondern eher auf die Auswahlmethode „16PF“ überzugehen.
Allerdings geht bereits die Grundüberlegung des eHarmony Blogs von einer Milchmädchenrechnung aus.
Zahlenspiele um Psycho-Übereinstimmung: Am Ende keine „Matches“ mehr
Es lässt sich mathematisch leicht bewiesen, dass die rein psychologisch ermittelten drei bis vier Promille (drei bis vier aus tausend Mitgliedern) eher zu wenig sind als zu viel. Zudem wäre die Ausgangszahl noch durch zwei zu dividieren, wenn sich Frauen und Männer zu gleichen Teilen in der Datenbank befänden. Der Hauptfehler aber liegt im Pauschalieren, denn nicht alle diese Mitglieder passen im Alter – und vor allem wohnen sich nicht alle in der Region, in der gesucht wird. Nimmt man nun auch „harte Ausschlusskriterien“ hinzu, die psychologisch nicht bewertet werden können (z. B. auf keinen Fall eine Blondine, kein Mann mit Bart), und Vorstellungen (bestimmte Einkommensgruppen, Bildungsstandards) hinzu, dann schrumpft die anfänglich große Anzahl auf wenige Dutzend Mitglieder. Wohlgemerkt: Wir reden hier von den USA mit 311 Mio. Einwohnern und einer Einwohnerdichte von 32 EW/km². (Zum Vergleich: Deutschland 82 Mio. EW 229 EW/ km²).
Strenge Matching-Kriterien bringen keine Vorteile
Es ist offensichtlich: Würde man die Kriterien verfeinern, dann würden am Ende kaum noch „passende“ Matches herauskommen – und dann wäre das ganze Online-Dating-Verfahren der Partneragenturen nichts mehr wert. Es ist also richtig, gröbere Kriterien anzuwenden und dies auch beizubehalten, um überhaupt Partner vermitteln zu können.
Es ist also etwas faul in der Berechnung des eHarmony Blogs – und nicht nur das. Die gesamte Rechnung, egal, wie man sie bewertet, wirft einen Schatten auf Kompatibilitätsmodelle. Wenn Ihnen eine Partneragentur sagt, sie würde Ihnen bestenfalls drei bis vier Promille ihrer Mitglieder aufgrund der psychometrischen Modelle und der Kompatibilitätsformel anbieten, dann würde dies bedeuten, dass Sie zu einem gegebenen Zeitpunkt aus der gesamten Datenbank zahlender und aktiver Mitglieder etwa 350 „Matches“ in ganz Deutschland (also nicht in Ihrer Region) haben könnten. Das erstaunt Sie? Dann verrate ich Ihnen die Rechenmethode:
Die großen deutschen Partneragenturen haben im Schnitt maximal 200.000 zahlende und aktive Mitglieder (und nicht die Anzahl von Mitgliedern, die in der Werbung verwendet wird). Davon sind (angenommen) die Hälfte Frauen und die andere Hälfte Männer, dann bleiben 100.000 mögliche Kandidaten. Bei drei bis vier Promille Matches sind es dann also 350 „Matches“, verteilt über alle Altersgruppen und sämtliche „sonstige“ Wunschvorstellungen und über ganz Deutschland.
Immer noch skeptisch gegenüber dieser Rechnung?
Versuchen wir es erneut, diesmal ohne Partneragenturen, aber unter Einbeziehung der dort (angeblich) verwendeten Kriterien. Selbst wenn man nun wirklich „alle“ Partnersuchenden in Deutschland zusammennimmt, die (meiner Meinung nach zu hoch) auf sieben Millionen (2) geschätzt werden, ergibt sich:
Sieben Millionen Menschen ergäben 3, 5 Mio. mögliche Partner, daraus drei bis vier Promille charakterliche kompatibel Partner. Auf diese Weise kämen man auf 12.250 „Matches“ – gerechnet ohne jegliche Einbeziehung sonstiger Kriterien. Diese würden nun durch 5 mal 5 mal 5 Kriterien geteilt (also durch 125), die sonst noch vorhanden sind und die gegeneinander ausgeschlossen werden müssen (z. B. Alter, Bildungsstand, Einkommen, Aussehen). So gesehen, kämen wir noch auf ungefähr 100 „Matches“ – überall in Deutschland.
Wem das nun ebenfalls als Milchmädchenrechnung gilt, der mag sich gerne ausrechnen, wie groß sein Anteil im Bergischen Land oder im Südoldenburger Raum ist, wenn man nur die 12.250 möglichen Matches regional, also ohne Altersgruppen und Präferenzen herunterbricht.
Das Fazit – Strengere Auswahlkriterien bei der Partnersuche sind unsinnig
Fassen wir zusammen:
1. Neue, präzisiere und wissenschaftlich gründlicher fundierte Algorithmen brächten viel zu wenig potenzielle Matches hervor.
2. Großzügigkeit in der Bewertung der Persönlichkeitseigenschaften ist kein Mangel, sondern eine Notwendigkeit.
3. Gibt es zu viele persönliche und wissenschaftliche Ausschlusskriterien und ist die Toleranz der Partnersuchenden gering, so sinken die Chancen bereits in deutschen Großstätten auf unter ein Promille der Mitglieder – und in einwohnerschwachen Gebieten ohne Großstadtanbindung noch weit darunter.
Daraus ergeben sich für Partnersuchende vor allem Fragen, die sich nur persönlich beantworten lassen. Die eigenen Suchkriterien zu erweitern wäre in jedem Fall ein guter Anfang.
(1) Man kann die Anzahl tatsächlicher, zahlender Mitglieder nur schätzen, indem man den veröffentlichten Jahresumsatz durch den durchschnittlichen Mitgliedsbeitrag teilt.
(2) Aus dem Breicht des „Snglebörsen-Vergelichs für 2010).
(3) Vom nur fünf Altersstufen ausgehend wurden fünf Bildungsstufen als linear angenommen, und es wurden fünf weitere, individuell einsetzbare Kriterien zusätzlich angenommen.
P.S.: Wenn sie eine bessere Rechenmethode haben – Sie sind willkommen, mir zu widersprechen.