Fünf Jahre Liebepur – fünf Jahre Leben mit Trends und Tinnef (3)
Dieser Artikel wird in drei Teilen veröffentlicht. Der dritte Teil der Artikel trägt den Untertitel: „Fünf Jahre beobachtet: Ärgernis Wissenschaft – Ärgernis Tests“
Fünf Jahre beobachtet: Ärgernis Wissenschaft – Ärgernis Tests
Wissenschaft und Liebe sind wie Feuer und Wasser: Wann immer sie einander begegnen, dann zischt es. Der Grund ist relativ einfach: Wissenschaftler wollen Dinge festhalten und abheften, Liebende aber wissen, dass alles stets im Fluss bleibt und keine Liebe wie die andere ist. Daraus ergeben sich Frontstellungen, in denen die Liebenden mit den bloßen Händen gegen die Panzer der Wissenschaft antreten.
Wissenschaftler hier, Liebende dort – und der Graben dazwischen
Die Liebenden hätten diesen Krieg längst verloren, wenn er wirklich relevant wäre – faktisch allerdings lässt die Liebenden überwiegend kalt, was von den Elfenbeintürmen herunter getrötet wird. Weil sie mehr sind und weil sie im besten Sinne lebendig sind, verhöhnen die Liebenden die Wissenschaftler täglich durch einen einzigen, simplen Umstand: durch ihre unbeschreibbare Liebe, die oft ganz andere Wege geht, als vorausgesagt wurde. Weniger prosaisch: Wissenschaftler haben einen relativ engen Horizont, der mit so vielschichtigen Problemen wie der Liebe nicht umgehen kann. In der Sichtweise der Psychologie ist zu viel Psycho und zu wenig Logos, in der Sichtweise Biologie ist zu viel Evolution und zu wenig kulturbezogenes Denken, und die Soziologie brabbelt ohnehin am liebsten ihr Chinesisch, um zu verschleiern, dass sie eigentlich nie etwas Genaues über die Liebe weiß. Darüber hinaus finden Forschungen oft auf primitivstem Niveau statt – man denke nur daran, wie oft Studentinnen und Studenten bereits Fotos gezeigt wurden, um danach allerlei Umstände der Partnerwahl „festzustellen“. Wie sich tatsächliche Menschen in realen Situationen verhalten, war den Forschern schnurzpiepegal. Bitte ersparen Sie mir dazu Detailangaben – sie können überall in der Liebepur nachlesen, welche kühnen Behauptungen als Luftballons entlarvt wurden. Das einzige wirklich sinnvolle Werk der letzten fünf Jahre , das in Buchform erschien, war ausgerechnet eines, das eher aus pragmatischer Sicht geschrieben wurde: „Lob der Vernunftehe“ von Arnold Retzer
Voreilige Schlüsse, Gemeinplätze und Psychoanalyse
Die Wissenschaft könnte viele wertvolle Beiträge leisten, wenn sie an Strukturen der Partnerwahl forschen würde und dazu langfristige Projekte auflegen würde. Das ist extrem teuer, aufwendig und es dauert vor allem mehrere Jahre. Da greifen die Damen und Herren “Fachleute“ lieber auf Bekanntes zurück: Erst neulich wieder waren es die freudschen Theorien, die jemand aus dem Kohlenkeller kramte. Solche psychologischen Gemeinplätze klingen gut, kommen beim Publikum ausgezeichnet an, weil das Volk ohnehin kaum andere Psycho-Theoretiker als Sigmund Freud kennt, und es ist außerdem billig, weil sich unter dem Diktat der Psychoanalyse nahezu jede Lebensäußerung „irgendwie“ auf die Kindheit zurückführen lässt.
Fazit: Am Menschen vorbeigeforscht
Das Fazit: Die Wissenschaft forscht und forscht: Sie will ein unlösbares Problem, die Liebe, in ein lösbares umwandeln. Doch trotz ihrer Tricks und Winkelzüge kommt sie damit nicht weiter. Der große Forschungsansatz, junge Menschen jahrelang auf dem Weg der Liebe zu begleiten und zu beobachten, wie sie sich wirklich verhalten, ist nirgendwo zu erkennen. Entsprechend wertlos sind alle Aussagen zur tatsächlich stattfindenden Partnerwahl.
Seitenzweige: Test, Tests, Tester
Ich mag schon gar nicht mehr über Psycho-Tests schreiben, aber immerhin gelang es einer großen deutschen Partneragentur, ihre Partnerübereinstimmungstests erheblich zu optimieren. Das nehme ich mal auf die positive Seite. Entschlüsselt ist die Partnerwahl damit allerdings noch lange nicht. Wenn es überhaupt möglich ist, kann dies nur durch Langzeitbeobachtungen über viele Jahre erreicht werden. Mit denen kann man aber nicht schnell berühmt werden, und sie können auch nicht unmittelbar vermarktet werden – und genau hier beißt sich die Katze in den Schwanz.
Die wundersame Vermehrung der Tester
Manche Tester sind Tester, weil sie testen. Andere geben sich als Tester aus, weil sie besonders gut abschreiben können und wieder andere tun so, als würden sie testen, tun es aber nicht wirklich, sondern würfeln die Ergebnisse irgendwo aus. Nun gut, ich weiß, wie man es macht, wer es macht und warum es gemacht wird, und gerade darum darf ich die Frage stellen: Schämt ihr euch eigentlich nicht? Sicher, die Welt ist voller „Kopierkatzen“, und in der Regel bemerkt man es kaum, wenn man beim Kopieren nicht allzu blöde vorgeht. Aber es ist und bleibt unverschämt, geistiges Eigentum ohne Quellenangabe 1:1 zu kopieren (und dabei auch Fehler mitzukopieren). Die „wundersame Vermehrung der Tester“, die ich seit fünf Jahre beobachte, dient übrigens nicht dem Verbraucherschutz, sondern wirtschaftlichen Interessen. Angeregt durch den Erfolg zweier junger Männer, die ihr Unternehmen praktisch ohne Kapital gründeten, wollen nun viele an das große Geld.
Alle Tests bieten nur Hinweise – der Erfolg bleibt ausgeklammert
Tests – auch die der „Stiftung Warentest“, die oft zitiert werden, können allerdings nicht wirklich widerspiegeln, welchen Nutzen der Kunde von einer Single-Börse oder einer Online-Partnervermittlung hat. Alle Test der Vergangenheit, die von seriösen Instituten durchgeführt wurden, haben sich eher mit Vertragsbestandteilen und Äußerlichkeiten auseinandergesetzt als mit dem Erfolg. Anzumerken wäre noch: Das hätten sie auch gar nicht leisten können. Insofern bieten auch die offiziellen Warentests nur Hinweise.
Ein Vorwurf trifft übrigens alle, auch die authentischen Tester: Sie übernehmen blauäugig die Mitgliederzahlen, die sie von den Unternehmen genannt bekommen. Ich hoffe, Sie alle ließen sich nicht täuschen: Die vielen Millionen Singles, die in der Republik angeblich täglich suchen, existieren nicht. Ich persönlich glaube nicht einmal, dass es wirklich sieben Millionen sind, wie namhafte Experten behaupten. Wenn wir uns nur die wirklich aktiv online nach einer Lebenspartnerschaft suchenden Menschen in der Republik ansehen, kommen wir meiner Meinung nach bestenfalls auf eine Million.
Das Fazit: Markt der Tester entwickelt sich zu einem Ärgernis
Der Markt der Tester entwickelt sich immer mehr zu einem Ärgernis. Man braucht vielleicht zwei oder drei Meinungen, aber nicht zwei Dutzend Meinungen, von denen viele noch aus zweifelhaften Quellen stammen. Dem Kunden ist damit auf keinen Fall gedient – er wird eher davon verwirrt.
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