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Tacheles: Partnersuche ist keine Internet-Angelegenheit

Wenn über die Partnersuche diskutiert wird, dann ist heute eine der Kernfrage: „Wie hältst du es mit dem Internet?“ Im Grunde wäre dies nur eine Frage des Trägers der Botschaft, auch Medium genannt. Warum also nicht Internet? Keine Frage: Die Internet-Suche ist einfach und äußert effektiv – wenn man sich darauf versteht. Leider ist dies in mindestens der Hälfte der Fälle nicht so: Man meldet sich an und erhofft sich, dass die süßen und zarten oder scharfen und harten Partner sozusagen an die Tisch- oder Bettkante gebracht werden, wo man sie nur noch aufpicken muss.

Tacheles: Das Internet bietet reichhaltige Möglichkeiten der Partnerwahl, aber: Man muss sie selbst in die Hand nehmen. Da das gesamte Internet-Dating ausschließlich von kommerziellen Interessen beherrscht wird, haben die kulturellen Komponenten der Partnersuche wenig Bedeutung. Solange die Kasse stimmt, ist es den Partneragenturen weitgehend gleichgültig, ob ihre Tests kultur- und sozialkonform sind, und bei den Massensinglebörsen ist es noch schlimmer. Simple Alltagsgewohnheiten werden dort als „Matching-Kriterien“ vermarktet.

Auch die Casual Dating Seiten sind angeblich kein Segen: Sie führen angeblich dazu, dass sich junge Menschen länger mit Gelegenheitspartner austoben, statt zu heiraten und Familien zu gründen.

Was könnten Staat, Kulturbetrieb und öffentlich-rechtliche Medien tun, damit das Zusammenleben von Paaren wieder zur unverzichtbaren Kultur dieses Landes gehört? Wie können wir erreichen, dass Ehe und Familie wieder in den Fokus der jungen Leute geraten?

Bestimmt nicht das, was im Moment geschieht. Die deutsche Familienpolitik, in der Nachkriegszeit neu geboren durch die damals katholisch geprägte Christdemokratie, ist heute völlig im Eimer. Es scheint, als gäbe es keine Familienpolitik mehr, seit Ursula von der Leyen kläglich als Familienpolitikerin versagt hat. Nein, ich bin kein Besserwisser, aber es ist doch offenkundig, dass wir einen radikalen Wandel in der Familienpolitik brauchen.

Damit die Familienlobbyisten gleich ihren Dämpfer kriegen: Es geht nicht darum, mehr Geld und geldwerte Zuwendungen in die Familien zu pumpen. Es geht eher darum, die vielen Singles zwischen 20 und 30 dazu zu bewegen, endlich zu heiraten und Familien zu gründen. Ob sich das durch attraktive Jobangebote für Mütter, kostenlose Kinderkrippen mit vernünftigen Öffnungszeiten, Großmutterdienste oder etwas anderes erreichen lässt: Das ist Sache der Politik. Sicher ist aber: Im Moment gibt es keinerlei Anreize für junge Menschen, zu heiraten oder gar Familien zu begründen. Die Familienlobbyisten werden sich daran gewöhnen müssen, das eigene Haus zu bestellen: Mehr Förderung für junge Familien und alleinerziehende Mütter, weniger Mittel an die saturieren Bewohnerinnen und Bewohner der Villenviertel, die auch ohne jegliche Förderung über die Runden kommen würden.

Viele der Internet-Betreiber sind nicht ganz unschuldig daran, dass es so weit gekommen ist. Partnersuche als Spaß und Spiel? Als nette Internet-Unterhaltung? Als Bettpartner-Vermittlung? Immer neue „Apps“ zum „Flirten und Daten“? Ja, wollen wir uns wirklich zu Sklaven der Auswüchse des Dating-Geschäfts machen lassen?

Ich meine: Die Partnersuche muss zurück in den Fokus der Gesellschaftsordnung. Der Staat, die freien Träger des Sozialwesens, die öffentlich-rechtlichen Medien, die Kulturschaffenden und nicht zuletzt die Schulen können sich nicht darauf herausreden, dass sie alles getan haben, was in ihrer Macht stünde.

Ich bin gespannt, wer es anpackt, die Jugend auf eine sinnvolle Partnerwahl in jungen Jahren vorzubereiten und wer den Weg freimacht für die jungen Leute, Studium und Familie oder Karriere und Familie miteinander zu vereinbaren, bevor man 30 wird.

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