Der neue Geschlechterk(r)ampf
Das Lieblingsthema der Stammtische: Frauen sind anders als Männer, Männer sind anders als Frauen. Jahrhundertelang haben wir Männer uns eingeredet, nicht anders, sondern auch besser zu sein – durchaus mithilfe des Christentums, das heute von sich behauptet, die Frauen „befreit“ zu haben.
Der gottgleiche Mann
Obgleich der Schöpfergott der Genesis geschlechtslos ist (1), stellten die Männer sich Gott als männlich vor. Die Religionsstifter waren in den abrahamitischen Religionen dann auch (wie selbstverständlich) Männer. Die wenigen Frauen, die unter der Herrschaft des Christentums weiterhin weiblich orientierte Naturreligionen vertraten, wurden von den Christen verachtet und denunziert, gefoltert und verbrannt. Dies alles haben ohne jeden Zweifel Männer zu verantworten.
Die edle Frau
Irgendwie mussten Frauen ja ihren Platz finden in der Geschichte des Abendlandes, und deshalb wurden sie veredelt. Kirche, Küche, Kinder hieß es zunächst, doch dazu kam die häusliche Organisation. Durch den Glauben der Katholiken wurde die feminine Frau, Eva, abgelöst durch die geweihte Frau, Maria. So erhielten gläubige, brave und zur Unterordnung bereite Frauen ihren Heiligenschein erster Klasse. Die Emanzipationswelle der 1970er Jahre brauchte dort nur anzusetzen: Da Frauen ohnehin bereits die „edleren Menschen“ waren, musste die Ideologie nur umgepolt werden: Nun hatte die Frau neben dem edleren Wesen auch noch die reineren Gedanken und die besseren Fähigkeiten, diese Welt zu führen.
Der Prestigekampf
Seit einigen Jahren wird viel Zeit, Geld und Druckerschwärze damit vergeudet, die Unterschiede zwischen Männern und Frauen herauszustellen, bis in die Gehirnwindungen hinein. Da wird analysiert, bewertet, entwertet und schließlich gemotzt und lamentiert, dass sich die Balken biegen. Wegen der inzwischen feststellbaren Frauendominanz in der Genderforschung, aber wohl auch wegen einer fast peinlichen „Politischen Korrektheit“ werden Frauen dabei gelegentlich auch neue Heiligenscheine ausgestellt. Wer als Mann (Frauen dürfen es in beschränktem Umfang) heute öffentlich „Frauenmeinungen“ hart angeht, der kann sicher sein, mit Dreck beworfen zu werden. Das Ganze hat sich zu einem absolut lächerlichen Prestigekampf ausgeweitet, der (übrigens von beiden Seiten) nicht gewonnen werden kann. Eigentlich sollten die Verantwortlichen wissen: Prestigekämpfe erbringen keinerlei Resultate – nur, wer Kräfte sinnvoll zusammenlegt, erreicht gemeinsam mehr – das gilt für alle Paarungen, in der Wirtschaft wie in der Ehe.
Geschlechtsunterschiede – fragwürdige Forschung
Wer soweit gelesen hat, mag angewidert oder begeistert sein, mich ablehnen oder mir zustimmen. Doch kommen wir zum Kern: Die Frage, wie die Geschlechter sich im sozialen Zusammenhang unterscheiden, wird zeitabhängig unterschiedlich beurteilt – daran ändert auch eine noch so perfekte „Genderforschung“ nichts.
Völlig andere Ansätze im Geschlechterstreit sind nötig
Wichtig ist hingegen, dass wir die Probleme, die aus den dauerhaften oder zeitanhängigen Unterschieden entstehen, immer und überall (also zeitlos) in den Griff bekommen. Dazu allerdings taugt die traditionelle, statische Denkweise nichts. Dynamische Denkweisen, sogenannte Problemlösungskompetenzen, werden erwartet. Das bedeutet: Wir müssen lernen, die Probleme aus eigener Kraft und in Eigenverantwortung zu lösen – und dies dynamisch, also nicht erst, wenn „das Kind in den Brunnen gefallen ist“. Wenn es unterschiedliche Auffassungen oder Konflikte gibt, müssen wir erst einmal mit uns selbst ins Reine kommen, dann erst mit dem anderen. Dazu haben wir wenig Zeit – meist nur wenige Tage oder Wochen, und lediglich in extremen Fällen Monate oder gar Jahre. Also: Wenn Sie mit 30 bemerken, wie schwer es Ihnen fällt, mit dem anderen Geschlecht sinnvolle und Glück verheißende Kontakte aufzubauen, dann können Sie nicht bis zum 38. Lebensjahr warten, bis Ihnen ein Fremder eine Lösung anbietet oder bis sich „die Anderen“ geändert haben.
Ärger mit dem anderen Geschlecht? Ganz selbstverständlich!
Die meisten Frauen und Männer haben irgendwann einmal „den Kanal voll“ von einem Angehörigen es anderen Geschlechts, und dann darf frau/man auch mal kräftig motzen. Doch „motzen“ ist ein emotionaler Prozess, der lediglich die Psyche befreit. Wen an dieser Stelle an die Öffentlichkeit geht und laut lamentiert, das andere Geschlecht an den Pranger stellen will, es mit Dreck bewirft oder es gar zur Änderung der momentan aktuellen (sozial bedingten) geschlechtsspezifischen Eigenschaften aufruft, der handelt kontraproduktiv.
Es mag durchaus sein, dass dringliche Appelle einmal einen Sinn hatten. Sie sollten Verkrustungen aufbrechen, und vor allem den Inhabern fragwürdiger Macht in Staat und Gesellschaft sagen: „So nicht“! Doch heute erwarten wir etwas ganz anderes: Erwachsen zu sein, die Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen, und die eigenen Probleme zu lösen, bevor man auf andere mit dem Finger zeigt.
Die Botschaft: Problemlösungskompetenz stärken
Probleme zwischen den Geschlechtern tauchen jeden Tag aufs Neue auf. Wir sind aufgefordert, sie zu lösen. Das ist die Botschaft – sie darf gerne auch als Auftrag an Eltern und Erzieher verstanden werden.
(1) Text Genesis: Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau.
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