Vom Vorzug der komfortablen Liebe
Waren Sie schon einmal in einem Geschäft, das sogenannte Designer-Möbel verkauft? Sehen Sie, vielleicht gehen sie dort hin, um ein ganz bestimmtes Stück zu kaufen, so eines, wie Sie es kürzlich beispielsweise in „Schöner Wohnen“ gesehen haben. Ja und dann? Dann steht das schöne Stück dort, und Sie denken: „Ach nee, das doch nun lieber nicht“ und suchen im gleichen Möbelgeschäft weiter. Je länger Sie suchen, umso mehr dieser schönen Dinge gefallen Ihnen auch – und Sie geben auf, das Designerstück aus dem Magazin zu wollen. Ja, sie denken plötzlich: „Oh, was ist denn das dort, das in dem rostbraunen Leder mit den großflächigen Sitzen?“ So, und dann setzen Sie sich drauf und verlieben sich in das gute Stück.
Sehen Sie, liebe Leserin, lieber Leser, so funktioniert die Wahl, wenn Sie zwar Qualität suchen, es aber nicht ein bestimmtes Stück sein muss, dass Sie ergattern wollen.
So, und nun schauen wir mal auf die Partnerwahl. Bei mir vergeht ja kein Tag, an dem mir nicht irgendwo das Wort „anspruchsvoll“ über den Weg läuft. Das Interessanteste daran: Der größte Teil der Menschen, der so angesprochen werden kann, hat auch nicht die leiseste Vorstellung, wie er mit einem Partner leben will. Das ginge noch an, wenn man wenigstens wüsste, wer man selber ist. Ich rate Ihnen: Fragen Sie ruhig einmal einen „anspruchsvollen“ Menschen, er möge Ihnen drei Eigenschaften nennen, die ihn in der Kombination unmissverständlich charakterisieren. Ich vermute: Sie erhalten entweder Funkstille oder so allgemeine Phrasen, dass auch die Friseurin im Laden gegenüber gemeint sein könnte.
So, und nun kommt der Clou: Die Personen, die nicht wissen, wer sie sind, die keine Ahnung haben, wen sie wirklich suchen und die sich nicht einmal genau vorstellen können, was sie mit einem Partner eigentlich machen wollen, wenn sie ihn denn haben – genau diese Leute sagen: „Ach, ich bin schon ein wenig anspruchsvoll“.
Vielleicht können Sie sich vorstellen, wenn diese kopflosen Menschen an die Partnermärkte gehen – sie suchen und suchen und suchen, weil sie nicht wissen, was sie eigentlich finden wollen.
Sollten Sie dazugehören und zufälligerweise gerade empfänglich für Rat sein: Es ist ihr gutes Recht, Wünsche zu haben, aber es ist nicht damit getan, unter den Menschen das „eine Designerstück“ zu suchen. Wie beim Möbelkauf müssen Sie sich wirklich einmal auf das Sofa setzen. Sie werden dann finden, dass nicht nur ganz andere Sofas sehr komfortable sind, sondern auch andere Partner als diejenigen, die in ihren Träumen wohnen.
Vergessen Sie Mr. Right! Vergessen Sie den Traummann und den Prinzen ihres Herzens – damit werden Sie sowieso nicht glücklich. Suchen Sie sich stattdessen einen Mann, der komfortabel für Sie ist, und verlieben sie sich in ihn.
On, meine Herren, bitte noch nicht weglesen: Auch Sie sollten vielleicht die schnuckelige 21-Jährige mit den süßen, festen Brüsten und dem wallenden Goldhaar vergessen. Denn mit dem entsetzlichen Virus der Anspruchshaltung sind inzwischen auch zahllose Männer infiziert. Auf meinem Schreibtisch liegt seit längerer Zeit ein Gutschein, der mir ungefragt zugestellt wurde. Auf ihm steht, ich solle Singles suchen, „die zu meinem Anspruch passen“.
Wissen Sie, ich habe mir vor Jahren eine Frau gesucht, mit der ich glücklich werden wollte – und das ist auch gelungen. Vielleicht versuchen Sie es auch einmal, Ihr persönliches Glück vor ihre vermeintlichen Ansprüche zu stellen – wie bereits gesagt: nur, wenn Sie heute ansprechbar auf so etwas sind.
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