DIE FAZ, die Moral, das „männliche Milieu“ und die Frauenquote
Die beste Moral kann man sich aneignen, wenn man andere bezichtigt, morallos zu sein. Dieses System verfolgen die Kommentatorinnen und Kommentatoren namhafter Boulevard- und Bürgerzeitungen nun bereits seit Monaten. Vom Boulevard sind wird es gewohnt – und dort wäre es nicht der Rede wert. Aber bei den Bürgerzeitungen?
In der FAZ lese ich, dass wir Männer uns in „Milieus“ bewegen, die sich „eigene Moralvorstellungen zurechtschustern“, wobei die Autorin den gleichen Trick benutzt wie schon zuvor viele Kolleginnen und Kollegen: immer alles rein in den Beutel der Morallosigkeit, von einem möglichen Verbrechen (Vergewaltigung) bis zu dem Amüsement in Budapest, das den deutschen Moralistinnen und Moralisten offenbar bleischwer im Magen liegt.
Die Krönung allerdings leistete sich die FAZ-Kolumnistinnen mit der Behauptung, dass die „Frauenquote alles retten“ könne. Wörtliches Zitat:
In beiden Fällen aber hätte ein Mittel … verhindern können, dass sich diese Milieus eine Moral zurechtlegen, die nur Machthierarchien abbildet: die Frauenquote.
Warum dies so ist, wird nicht begründet, sondern mit einer seichten Logik gefüllt: Schließlich sei „Von weiblichen Führungskräften … nicht bekannt, dass sie Zimmermädchen vergewaltigen (oder) Bordelle frequentieren“.
Dieser verblüffenden Logik setze ich mal entgegen, dass auch nur von verschwindend wenigen männlichen Führungskräften „bekannt“ ist, dass sie Zimmermädchen vergewaltigen oder „Bordelle frequentieren“. Dazu kommt noch: Auch, wenn etwas „nicht bekannt“ ist, kann es durchaus existieren, und nun wird es an der Zeit, den Spieß umzudrehen: Wo Frauen Geld, Macht und Einfluss haben, da kommen gelegentlich auch Übergriffe vor, von Call-Boys ganz zu schweigen. Doch nach wie vor ist es so, dass Frauen öffentlich als „edel“ gehandelt werden, obgleich ihre Moralvorstellungen kein Jota besser sind als die der Männer. An machtvollen Frauen kann man es schon jetzt feststellen – aber natürlich nur dann und wann, wenn es sich absolut nicht mehr verschweigen lässt.
Es wäre wirklich an der Zeit, das Bild der engelsgleichen, moralstarken und aufrechten Frauen mal dahin zu verfrachten, wo es hingehört: in dem Müll – uns zwar sofort.
Lesen Sie zu einem ähnlichen Thema eine weitaus differenziertere Frauenmeinung im österreichischen „Standard„.