Sex, Drogen und Rock ´n Roll – alles Lust oder was?
Verblüfft blicke ich dieser Tage auf eine Pressemeldung der Apothekenumschau. Dort heißt es:
«Wie die „Apotheken Umschau“ berichtet, verschafften sich die Forscher per Kernspin-Tomografie Einblick ins Gehirn von Probanden, während diese geliebten Musikstücken zuhörten. Das Belohnungszentrum reagierte wie beim Sex oder beim Konsum von Drogen. Allein die Vorfreude auf eine Liedzeile kann diese Reaktion schon auslösen».
So weit, so gut – nur „etwas Ähnliches“ ist nicht „das Gleiche“. Zwar haben kanadische Forscher tatsächlich die Kernspin-Tomografie eingesetzt, um die Wirkung von Musikstücken auf Studenten zu erproben, wobei diese ihre Lieblingsmusikstücke von Bach bis Led Zeppelin hörten, aber dieser Effekt trat bei vielen anderen Musikstücken nicht auf. Wie Valorie Salimpoor vom Montrealer Neurologischen Institut (Kanada) der Presse mitteilte, kann Musik eine große Menge Dopamin freisetzen, das allgemein als „Glückshormon“ bekannt ist. Der Botenstoff ist unter anderem dafür zuständig, dass wir unsere Motivation erhalten, spielt aber auf der anderen Seite auch bei Süchten und Abhängigkeiten eine große Rolle.
Die Wissenschaftler nehmen an, dass unser Gehirn die an sich abstrakten Tonfolgen zu interpretiert vermag und das Dopamin ausschütten, weil man sich in der Hörsituation bereits einmal „gut gefühlt“ hat. Die Tests der Forscher beweisen jedoch nicht, dass ein Zusammenhang zwischen „Sex, Drogen und Rock ´n Roll“ besteht, wie in der Pressemitteilung behauptet wird, sondern eher, wie das Gehirn sehr abstrakte Reize in die Produktion von Neurotransmittern umformen kann.
Natürlich ist es spektakulärer, gleich einmal von „Sex, Drugs and Rock´n Roll“ zu schreiben, und wir müssen leider abermals befürchten, dass die Abschreiber bereits unterwegs sind, um diese Behauptungen zu verbreiten, denn wer weiß schon, dass Dopamin ein lebenswichtiger Botenstoff ist, der zu unserer Selbsterhaltung beiträgt?
Die Forschung ist für einen ganz anderen Bereich wichtig: für die Musiktherapie.
Kritische Stellungnahmen zu aktuellen „Wissenschafts“-Berichten in der Presse finden Sie übrigens regelmäßig in der Liebepur – denn bei uns geht es um die Liebe und nichts als die Liebe und nicht um die Sensationen rund um Liebe und Sex, die Sie sonst in der Presse lesen können. Unser Schwesterblatt „Liebeszeitung“ forschte nach, was von der Mär des „psychologischen Treueschutzes“ zu halten ist.
Mehr Informationen: Dopamin und Drogengebrauch sowie Dopamin allgemein und Parkinson.