Der Elefant, die Mücke und der geheime Liebescode
Gestern Morgen habe ich einen Elefanten die Hauptstraße des Ortes langspazieren sehen, an dem ich mich zufälligerweise befand. Nun denken Sie vielleicht, ich wäre in Afrika, doch die ist nicht der Fall. Sehen Sie, wenn ich Ihnen geschrieben hätte, ich hätte heute die ultimative Formel für die Liebe gefunden, dann hätten Sie es mir ja vielleicht geglaubt. Vor allem, wenn Sie Stern-Leser sind. Dort hätten Sie letzte Woche noch lesen können, dass es einen „geheimen Code der Liebe“ gibt, und dass „Wissenschaftler“ entschlüsseln, wer zusammenpasst und wer nicht.
Wie das klingt, nicht wahr? Fast so, als ob es stimmen würde: Das sitzen die Wissenschaftler in ihren Studierstuben und entschlüsseln, wer von uns zusammenpasst. Man muss sich einen Unfug dieser Art erst einmal auf der Zunge zergehen lassen, um sich so richtig darüber zu empören. Denn wer auch nur halbwegs weiß, welchen Aufwand man dafür betreiben müsste, um diese naive Aussagen in wissenschaftlich hieb- und stichfeste Fakten zu wandeln, der wird sich denken: Entweder die „Wissenschaftler“ waren unendlich fleißig und hatten fast unbegrenzte Mittel, oder man lässt gleich mal das Lametta weg und fragt sich, was wirklich untersucht wurde.
Wer sich die Mühe machte, weiterzulesen, fand heraus, das die STERN-Informationen überwiegend auf einem einzigen Buch beruhten: Die Psychologinnen Julia Peirano und Sandra Konrad wollen „anhand umfassender Untersuchungen“ völlig neue Antworten gefunden haben. Das ehrt sie, doch wenn ihre Erkenntnisse wirklich revolutionär wären, dann wären sie längst reich und berühmt: Denn die ultimative Matching-Formel wäre Millionen wert. Laut Verlag sind die Ansprüche der beiden aber gar nicht so hoch gewesen: Sie wollten nur zeigen sie, wie man das eigene Beziehungs-Ich herausfindet.
Aha: Das Beziehungs-ICH. Allein schon der Name – richtig goldig, und wenn sich die beiden Beziehungs-ICHs dann erst treffen und die anderen ICHs hinterher hoppeln, dann gute Nacht, schöne Großmutter.
Damit ich gar nicht erst falsch verstanden werde: das Buch hat seine Berechtigung im Kontext der Theorien über Beziehungen – und es mag für manche hilfreich sein, die bislang naiv an die Partnersuche herangegangen sind. Aber es ist eben nicht die ultimative Antwort auf die Frage, wer zueinander passt und wer nicht, sondern eine Leitfaden für alle jene, die sich unsicher sind, welcher Weg für sie zu einer erfüllten Partnerschaft führen könnte. Gegenüber dem Elefanten, den ich gestern Morgen sah, handelte es sich also eher um eine Mücke.
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