Diese Woche in Dating – Geheimnisse, Gentlemen und Tacheles
Die Sensation der Woche war der in Deutschland kaum wahrgenommene Verkauf von OK Cupid an Match.com für 50 Mio. US-Dollar. Wenngleich es Partnersuchende nicht so schrecklich interessieren dürfte: Die Braut bringt mit kostenloser Mitgliedschaft und Jugendorientierung eine reiche Mitgift ein. Die Mitgliederzahlen stiegen aber auch durch eine ausschließlich von einem Blog aus geführte, freche Pressekampagne mit pseudowissenschaftlicher Orientierung. Unter anderem behauptete OK Cupid, man könne anhand des Handyfabrikats feststellen, welche Menschen mehr Sex hätten. Diese Meldung ging dann um die ganze Welt. Die Blogs der übrigen Unternehmen, sowohl von Match.com selber wie euch von eHarmony, fristen hingegeben ein kümmerliches Dasein – dort (wie bei Match.com) fast nur „Erfolgspaare“ vorzustellen, ist kümmerlich und fadenscheinig. Auch in Deutschland ist es nicht weit her mit der Blog-Idee – und falls Sie sich wundern, dass verschiedene Blogs hier nicht mehr sehr häufig erwähnt werden, dann liegt es nicht an dem Ansehen der Firmen, sondern an den Themen. Man merkt deutlich, dass die Redakteure Mühe haben, geeignete Themen zu finden. Übrigens gibt es zum Ok-Cupid-Blog noch eine Anekdote.
Was sonst noch in der Dating-Branche geschah
In der Branche herrscht nach wie vor ein ungutes Gefühl vor über die Werbemillionen, die man möglicherweise sinnvoll ausgibt, möglicherweise aber auch zum Fenster hinauswirft, weil es die Konkurrenz auch tut. Doch das Thema wird nun mehr oder weniger gedeckelt, obgleich sich Werbeleute darüber lustig machen und Fernsehzuschauer entnervt aufschreien: schon wieder diese Partneragentur-Werbung! Tacheles: Eine Werbung, der man nicht mehr entfliehen kann, nervt eigentlich nur noch.
Interessant war nun, was ElitePartner sonst noch plant. Dazu gab Jost Schwaner dem Webemagazin „W & V“ die Auskunft, man werde demnächst an die Gay-Kundschaft denken, plane aber keinen Europa –Ausbau, und außerdem wolle man das Spitzensegment (Academicpartner) weiter ausbauen. So aufregend das alles klingen mag – sehr innovativ und vorausschauend ist es sicher nicht, auf den Europamarkt (außer den D-A-CH-Ländern) dauerhaft zu verzichten und sich in Nischenmärkte hineinzudrängen.
FACEBOOK mag ja der Name für eine ganze Generation werden, aber die Karten für Dating werden anderwärts verteilt – und genau so sollte es auch sein. Dating-Dienste, die auf Data-Mining beruhen (die sich also an fremden Theken kostenlos bedienen) dürfte es eigentlich gar nicht geben. Manche haben dies schon erkannt, andere mussten jetzt aufgeben, und wieder andere sind immer noch fasziniert von der Glitzerkulisse.
Oh, die Affären: Seitensprünge sind nach wie vor beliebt, und je mehr Werbung dafür seitens der Seitensprung-Portale gemacht wird, umso mehr wird es wohl Mode werden. Nur: Bisher war ausschließlich von Hetero-Affären die Rede. Was ist eigentlich mit Bi-Affären?
FS24 hat jetzt sein Affären-Portal „Secret“ freigegeben. Diesen Satz muss ich süffisant zitieren: „Secret … richtet sich an Frauen und Männer … bei denen eine feste Bindungsabsicht nicht zwingend im Vordergrund steht.“ Nun, Hauptsache, man kann sich’s leisten – nicht im finanziellen Sinne.
Die Liebepur rät – konsequent und zutreffend
Donnerstags ist bei uns immer Ratgeber-Tag (nun, meistens zumindest). Wenn Ihre Form von Dating nicht funktioniert, können Sie hier in zehn Stufen nachlesen, was Sie tun können. Sie werden schon bemerkt haben: Bei uns gibt es keine Kuschelartikel – das überlassen wir den PR-Fritzen. Bei uns lesen Sie Tacheles. Dazu gehört auch, sich mit einer Paradoxie zu beschäftigen – nämlich, warum bestimmte Personenkreise beim Online-Dating die größten Erfolge haben, die im Dschungel dort draußen kaum Chancen haben.
Es geht noch weiter …
Belehrungen durch Frauen – Gentleman und Teenagertöne von der 35-Plus-Generation
Man kann sich eigentlich nur wundern (jedenfalls als Mann), wenn Frauen gegen 40 herumblubbern wie die Teenager – dann besteht mindestens der Verdacht, dass sie nie gelernt haben, mit Beziehungen umzugehen. Zwar ist es nie zu spät, neu zu lernen –aber mit 35 damit anzufangen, sich in Beziehungen einzuleben? So langsam dämmert mir, warum die Frauen um 35 nur noch lamentieren: Sie haben teils nicht die geringste Ahnung, was es bedeutet, eine Beziehung einzugehen. Meine Meinung: Nicht öffentlich herumplärren, sondern es rechtzeitig lernen – dazu der Artikel: hinunter ins Kaninchenloch.
Bei den Schnattertanten ist derzeit der „Gentleman“ groß in Mode – alle Welt (aka Frauenwelt) redet davon, dass wie Männer „Gentlemen“ werden müssten, um ihnen weiterhin zu gefallen. Ob Tarzan im Businessanzug oder gutmütiger Riese im T-Shirt wissen wir nicht: Echte Gentlemen sind jedenfalls blass, dezent, höflich im Umgang, ausgesprochen gut gekleidet, gepflegt und – keine Draufgänger. Es sollte mich wundern, ob die Damen Schreiberinnen solche Männer meinen. In Wahrheit meinen sie offenbar das Selbstverständnis, das Lieschen Müller vom Gentleman hat: Der macht mir dir Tür auf und hilft mir in den Mantel“. Jedenfalls riss mir die Hutschnur bei diesem Schachsinn: Gentleman bevorzugen nicht unbedingt Blondinen, aber sicherlich Ladies zum Heiraten. Also, versuchen Sie sich mal wie Damen zu benehmen, meine Damen, dann finden Sie auch einen Gentleman.
Überhaupt wurden wir gerade belehrt, dass wir keine Dating-Fehler machen sollen. Immerhin kann man sie ausbügeln, meinte FS24. Aber warum sollten wie überhaupt bügeln?
Worüber man spricht … oder besser nicht
Beim Downdating erwischt man nur Mist – das ist jedenfalls die Meinung der GQ-Journalistin Paula Lambert. Angeblich gibt es ja genug „Spitzenfrauen“ und „Spitzenmänner“ – klar, Frau Lambert, nur vergaßen Sie, Spitzenhöschen zu erwähnen – davon gibt es auch genug.
Ein ganz anderes Kaliber von Autorin ist Roswitha Scholz – sie hat eine Theorie, die Frauen angeblich interessieren sollte, kann sie Frauen aber nicht erklären – jedenfalls Journalistinnen nicht. Es ist wahrhaftig erstaunlich, was man in einer Kunstsprache (Soziologenchinesisch) alles erklären kann, in Deutsch aber nicht. Na also – wenn Sie wissen, was „Wertabspaltungskritik“ ist, bitte schön. Meine Zahnärztin (keine Deutsche) sagte neulich: „Ihr Deutschen redet in Wörtern, wir reden in Sätzen“. Mal klipp und klar: Schön wäre es, wenn wir wieder alle in Sätzen reden würden. Das konnten Sie einmal bei mir lernen – damals, als ich noch Kommunikationsseminare gab.
Wo wir gerade bei unüberbrückbaren Gegensätzen sind: Viele der angeblich so liberalen Schweden erweisen sich als nordisch-rassistisch, weil Heldin und Held eines Aufklärungsfilms unterschiedlicher Hautfarbe sind. Kommt mir irgendwie bekannt vor, Ihnen nicht?
Sehr viel diesmal? Ja – aber lesen Sie bitte alles – denn nächste Woche müssen Sie ohne die Wochenzusammenfassung auskommen.