Tacheles: Was wollen Sie? Wie eine Dame behandelt werden?
„Wenn wir Sie wie eine Dame behandeln sollen, dann beginnen sie mal damit, sich wie eine zu benehmen“ – ich weiß ja nicht, ob Sie schon mal so abgewatscht worden sind, und zugegeben, es ist nicht sehr höflich von uns Männern, Frauen so „in den Senkel zustellen“.
Aber seit einigen Jahren, so scheint mir, verschieben sich die Dimensionen: Frauen jeden Alters und jeder Herkunft wollen hofiert werden, wohingegen sie selbst nicht im Mindesten daran denken, damenhaftes Verhalten zu zeigen. Ich meine damit nicht den durchschnittlichen, eher auf Wohlverhalten ausgerichteten „Benimmunterricht“ des Bürgertums. Wer so in die Welt hineinstakst, hat heute kein adäquates Verhaltensrepertoire mehr. Nein, ich meine echte Persönlichkeitsbildung in Körper, Geist und Gefühl – Eigenschaften also, die nur selbstbewusste Frauen haben.
Manchmal bemerke ich die Mängel, etwa dann, wenn eine Frau von „peinlichen Gesprächspausen“ spricht. Eine Dame kennt keine „peinlichen Gesprächspausen“, sondern regt zu gepflegter Konversation auf der Ebene ihrer Umgebung an. Eine Dame klagt auch keine emotionalen Ansprüche an andere ein, sondern sucht die Mängel bei sich selbst. Ich könnet die Liste der Eigenschaften von wirklichen Damen noch lange fortsetzen, aber ich will es gar nicht. Ich bin froh, wenn ich ab und an eine solche Dame treffe, denn wirkliche Damen schenken Freude, ohne Ansprüche zu stellen.
Wenn Sie meinen, sie wären in erster Linie eine Frau und erst dann eine Dame, und überhaupt hätte kein Mensch das Recht, über Ihr Benehmen zu urteilen, dann bleiben Sie meinetwegen bei Ihrer Meinung. Nur in diesem Fall müssen Sie auch die Retourkutsche ertragen: Die Gegenseite könnte sich dann das Recht herausnehmen, erst Mann zu sein und dann Gentleman, und mal Tacheles mit Ihnen zu reden – und zwar, ohne dass Sie ein Urteil über sein Benehmen abgeben. Na, wie würde Ihnen das gefallen? Ein paar Bemerkungen über das zu enge Kleid, den zu kurzen Rock, die sichtbaren Nippel oder die Tätowierungen, die einer Amsterdamer Hure alle Ehre machen würden? Nein? Lieber nicht? Sehen Sie, es ist gar nicht so einfach, eine Dame zu sein – und ein Gentleman übrigens auch nicht.
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