Unsinnige Studie: Gefühle bedeckt halten
Studien zum bestmöglichen Verhalten bei der Partnersuche haben einen Nachteil: In der Praxis verhält sich kaum ein Mensch so, wie ein paar Studentinnen und Studenten in angeblich „wissenschaftlichen“ Forschungen. Gestern verbreitete die Agentur dapd eine Meldung, die mehrere namhafte deutsche Zeitungen nachdruckten, und die den typischen Weg aufzeigen, wie zweifelhafte Forschungen durch oberflächliche Journalisten an den Leser gebracht werden.
Demnach wollen Forscher in den USA anhand von 47 (!) weiblichen Probanden festgestellt haben, dass es besser sei, die Frau im Unklaren darüber zu lassen, ob man sie möge oder nicht. Die Studie wurde als „Trockenübung“ mit Studentinnen durchgeführt und hat schon deswegen eine ausgesprochen schwache Relevanz.
Doch solche fragwürdigen Studien kann man offenbar mit der geeigneten Öffentlichkeit hochjubeln: Am Ende wird das dumme Volk schon glauben, dass es sich hierbei tatsächlich um wissenschaftlich relevante Ergebnisse handelt. Dabei ist inzwischen in der Presse üblich geworden, derartigen Berichten irreführende Überschriften zu geben. Die meisten Zeitungen assoziieren die nicht stattgefundenen Begegnungen dennoch mit dem Wort „Flirt“, so der SPIEGEL „Flirten – Ungewissheit steigert die Anziehungskraft“. Der FOCUS ging noch einen Schritt weiter und dichtete unter dem Titel „Verunsicherung steigert die Attraktivität“ munter drauflos:
Der Rat, ihn oder sie erst einmal zappeln zu lassen, hat sich wissenschaftlich bestätigt: Wer einen Flirtpartner für sich einnehmen möchte, zeigt ihm sein Interesse erst einmal nicht offen.
T-Online schoss den Vogel ab: Obgleich in der Studie gar nicht von einem aktiven Date die Rede war, behauptete die Redakteure dort bereits in der Überschrift: „Zeigen Sie beim ersten Date nicht zu viel Begeisterung“, um dann fortzufahren:
Wer beim ersten Date nicht gleich in Begeisterungsstürme für sein Gegenüber verfällt, erhöht seine Chancen auf eine zweite Verabredung.
Dergleichen ging aus der Meldung von dapd allerdings in keiner Weise hervor.
Das Beispiel zeigt, wie locker Zeitschriftenredakteure mit Meldungen aus der Wissenschaft umgehen – nicht einmal die geringe Anzahl der Probanden macht irgendeinen der Redakteure stutzig – besonders eklatant ist aber die Unverfrorenheit, mit der von einer reinen Trockenübung unter Studenten auf Dates im tatsächlichen Leben geschlossen wird.
Zudem ist das Ergebnis der Studie, bezogen auf Dates, völlig unlogisch: Beiden Teilen den Rat zu geben, den jeweiligen Partner über die Sympathie im unklaren zu lassen, ist offenkundiger Unsinn. Sie begegnen einander ja, um miteinander zu klären, ob sie Sympathie füreinander empfinden – und dabei ist es völlig unmöglich, diese Sympathie nicht auch wenigstens nonverbal zu kommunizieren.
Bild © 2009 by Dar’ya Sipyeykina