Bitte anstellen: Vorurteile bringen Frauen in die letzte Reihe
„Mit siebenundzwanzig Bauernmädchen ist die Stube voll – da muss ich erst den Vater frage, wen ich nehmen soll“ – so hat man noch in den 1950er Jahren jungen Frauen klar gemacht, worauf es bei der Partnersuche ankam: Wer sich nicht entscheiden konnte, der wurde kollektiv im Spiel ausgeschimpft:
Da steht sie nun und hat keinen Mann, und ärgert sich zu Tode, ein andermal pass‘ besser auf, und mache mit die Mode
.
Diese Gedanken gingen mir durch den Kopf, als ich eine Pressemeldung von Elite Partner las. Dort wurde innerhalb einer Untersuchung festgestellt, dass Frauen ganz gerne sehen würden, wenn die Männer sie dauernd fragen würden, ob sie Interesse hätten. Das alte Vorurteil lebt also noch: Frauen wollen gefunden werden, und die Männer sollen sie suchen wie die Ostereier.
Originaltext:
30 Prozent der Singlefrauen finden, dass der Mann beim Flirten den ersten Schritt machen müsse. Spannend: je älter die Frauen, desto größer die Emanzipation. Während in der Altersgruppe der 18- bis 29jährigen jede zweite Frau dem Mann die Initiative zuschreibt, sind es bei den Frauen über 55 Jahren nur noch 17 Prozent.
Nun wird in diesem Text mal wieder, wie so oft, mit dem Wort „Flirt“ herumgeschmissen, als ob der Begriff für „alles Flirt oder was?“ stehen würde. Falls Online-Dating gemeint sein sollte: Wer sich suchen lassen will, steht ind er Reihe der Bewerberinnen ganz hinten. Wie die Studie zeigt, interessiert dies die sehr jungen Frauen noch nicht: Die wissen, dass sie bei hinreichender Attraktivität doch noch „an den Mann“ gebracht werden.
Doch Frauen, die die 40 überschritten haben, müssten eigentlich wissen, dass sie bei Passivität so lange in der Schlange stehen, bis die Marktstände längst geschlossen sind – und obwohl dies so ist, glauben eben noch zu viele Frauen, dass „suchen“ überflüssig ist. Die 17 Prozent sind da nur ein Merkfaktor, denn was bei Befragungen behauptet wird und was tatsächlich passiert, ist zweierlei. Ich schätze, dass viel mehr Frauen über 40 nicht wagen, sich mit all ihrer Persönlichkeit und der ganzen Kraft von Körper, Geist und Seele aktiv auf den Markt zu wagen. Emanzipation zeigt sich darin, dass man sie zeigt – nicht darin, das man sie hat.