Was Frauen über ihre Dating-Erlebnisse verschweigen
Wenn Menschen Ihre Dating-Geschichten erzählen, dann sprechen sie zumeist von jenen, in denen sie selbst edel, hilfreich und gut waren, der andere aber liederlich, fordernd und durchtrieben war.
Gerade wir Männer werden dort ja öfter als Objekte gesehen, die zwischen armseligen Wichten und eitlen Gockeln rangieren, als Männern, die sich die Gunst der Damen entweder erschleichen wollen oder die eitel ihr Gefieder aufplustern und sich ihres Sieges sicher sind.
So bunt wie das Leben – Dating-Erlebnisse
Es ist nötig, einmal Klartext zu reden: Wenn eine Frau unter ganz gewöhnlichen Umständen einer ganz normalen Online-Partnervermittlung beitritt, dort einen Jahresbeitrag bezahlt und die Möglichkeiten voll auskostet, dann führt sie nicht nur „Bewerbungsgespräche für die Liebe“, sondern sie lernt sehr viele unterschiedliche Männer mit verschiedensten Absichten kennen. Wenn sie attraktiv ist, offen auf Männer zugeht und sich bei Dates so verhält, wie sich Frauen auch im Alltag im Leben verhalten, dann hat sie Erlebnisse sehr unterschiedlicher Art, und es liegt an ihr, sie in die gewünschten Bahnen zu lenken.
Konzentrierte Suche mit unendlichen Möglichkeiten
Die Partnersuche per Internet ist eine sehr konzentrierte Suche. Wer zwei Mal im Jahr per Zufall einem Menschen begegnet, mit dem es möglich wäre, irgendeine Form der Liebe zu praktizieren, empfindet nach und nach anders als jemand, dem unendlich viele Möglichkeiten gegeben sind. Alle Sinne konzentrieren sich auf das Thema, von dem man bald erfährt, dass es in vielen Variationen und Facetten existiert.
Nehmen wir einmal an, die finale Beziehungssuche stünde im Vordergrund, ja, sie sei das erklärte Ziel, so werden Sie bald finden, dass dieses Ziel nicht leicht zu erreichen ist, denn Sie sind an einem Markt. Schon bald werden Sie sich in einer Situation befinden, die Erstbesuchern von Antiquitätenmärkten geläufig ist: Selbst, wenn Sie wissen, was sie ungefähr suchen, werden Sie doch Angebote vorfinden, denen Sie nicht widerstehen können. Sie werden dort auch etwas finden, was Sie sich nicht leisten können, und sie werden andererseits etwas kaufen, was einen kleinen, fast nicht erkennbaren Fehler hat. Nun, und schließlich werden Sie einfach sehen, berühren und Eindrücke sammeln.
Dating-Erlebnisse aller Art – auch sinnliche und frivole
Warum sollte es uns wundern, wenn dies auch einer suchenden Frau so gehen sollte, die sich am Partnermarkt bewegt? Am Ende wird sie die Erinnerungen an Kuriositäten und Kleinode haben, wird sich frivol mit einem Filou unterhalten haben und sinnlich mit einem Galan, wird einem Gockel die Meinung gegeigt haben und mit einem süßen jungen Mann ins Bett gestiegen sein, ja – und am Ende hat sie dann vielleicht ihren Mann gefunden: Und wenn sie ihn nun ansieht, dann ist er ganz anders als die Vorstellung, die sie von ihm hatte, als sie den Markt betrat.
Aus Männersicht: Liebe Damen, wie haben da auch so unsere Erfahrungen. Wir wissen, dass einige von Ihnen wirklich einen echten und wahrhaftigen Partner suchen – bisweilen aber so verbissen, dass es nicht einmal Freude macht, sich mit Ihnen zu unterhalten. Wir haben erfahren, dass einige von Ihnen ihre Marktwerte überschätzen und glauben, uns in eitler Überschätzung einfach auswählen und mitnehmen zu können. Nicht wenige von uns haben sich mit Exemplaren getroffen, die nicht wirklich wussten, was sie eigentlich vom Leben oder von Männern wollen. Auf der anderen Seite haben einige von ihnen uns deutlich gemacht, dass sie keinesfalls wählerisch sind und uns viel zu früh in ihre Betten eingeladen.
Wechselbad der Gefühle – Dating-Erlebnisse zwischen Geilheit und Abscheu
Sehen Sie, wenn Menschen einander begegnen, dann kann sehr, sehr viel passieren. Ich habe noch selten von einem Menschen gehört, der seine Blind Date Erlebnisse so schildert, wie eis waren: nämlich alles zwischen äußerst lustvoll und sehr bedächtig, zwischen beschämend und schamlos und zwischen Geilheit und Abscheu.
Warum geben wir nicht einfach zu, dass es alles gab? Warum schreiben Frauen nicht wenigstens über zwei oder drei Männer, mit denen sie tolle Nächte oder wenigstens schöne Tage verbracht haben, ohne dass auf der nächsten Seite genörgelt wird? Warum sind sie nicht selbstkritisch, wenn es um das eigene Verhalten geht? Lag das Lechzen der Männer nach den Körpern der Frauen nicht wenigstens gelegentlich daran, dass Sie diesen Körper zu offensiv vorgezeigt haben und dabei auch die eigene Begierde ins Kalkül einbezogen?
Wenn Ihnen diese Fragen zu „heiß“ sind: Warum sagen Sie nicht einfach, dass sie von vielen, vielen Situationen schlicht und ergreifend überfordert waren?
Das alles gilt natürlich auch für Männer. Ihre zur Schau getragene Selbstsicherheit hält oft nicht einmal einem Blind Date stand – aber das haben Frauen nun oft genug geschrieben. Wie wäre es das nächste Mal mit der schonungslosen Wahrheit über die eigenen Stärken und Abgründe, Begierden und Täuschungen, Siege und Niederlagen, liebe Autorinnen?
Titelfoto © 2007 by Gisela Giardino