Die gute alte Partnervermittlung hat ihren Charme – und ihre Probleme
Es gibt sie noch, die gute alte Partnervermittlung. Es ist kein Zufall, dass überwiegend Frauen das Geschäft betreiben – sie gelten als „sozial kompetenter“, um es auf Neudeutsch zu sagen – mir persönlich läge der Begriff „einfühlsamer“ näher.
Für die „übrig gebliebenen“ der eins blühenden Branche der „persönlichen Partnervermittlung“ sind die Zeiten hart geworden – allerdings nicht nur wegen des Internets, wie „der Westen“ wissen will. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Die Branche, die insbesondere in der Nachkriegszeit einen unbeschreibbaren Boom erlebte, zerstörte sich am Ende selber durch die ihre damaligen Geschäftsgebaren. Die Branche tat damals viel, um die Kunden davon zu überzeugen, es handele sich um „vereinzelte schwarze Schafe“ – aber in Wahrheit wurden einfach zu viele Menschen um ihr gutes Geld gebracht, ohne dass ernsthaft vermittelt wurde – und das sprach sich eben herum.
Heute versucht die Branche der persönlichen Partnervermittler einen Neubeginn – und im Grund stehen die Chancen dafür gar nicht schlecht. Denn es gibt genügende Menschen, die sich gar nicht erst mit „Profilen“ und „E-Mail-Antworten“ beschäftigen wollen – sie möchten einander vorgestellt werden, weil sie möglicherweise zueinander passen könnten, miteinander herausfinden, ob sie zueinander passen und dann vielleicht heiraten. Der Unterschied mag den Nutzern von Online-Partnervermittlungen recht gering erscheinen, er hat aber den Charme einer „persönlichen Dienstleistung“. Kosten zwischen 2000 und 5000 Euro sind dabei möglicherweise schmerzlich, aber durchaus berechtigt – in den USA kann eine erfolgreiche Partnervermittlung bei Weitem mehr Geld kosten.
Der Kampf um den Kunden sei hart, wusste der „Westen“ von einer Partnervermittlerin (Zitat):
«Viele Neugründungen halten nicht länger als ein Jahr durch … Schuld daran ist auch das Internet.»
Hier zeigt sich nun allerdings eine durchgängige Merkwürdigkeit der Branche der persönlichen Partnervermittler: Man vermutet die Erfolgsfeinde im Internet, nicht in den eigenen Reihen: Möglicherweise aus Furcht, das Nest der Branche nicht zu beschmutzen. Das Internet als Feindbild eignet sich aber nicht sonderlich: Bereits in den 1980er und 1990er Jahren liefen die Kunden den persönlichen Partnervermittlern davon und stürzten sich statt dessen selbstbewusst auf Heirats- und Bekanntschaftsanzeigen. Der persönliche Gang in die Öffentlichkeit war und ist eine Folge des gestiegenen Selbstbewusstseins – nichts sonst. Freilich mögen auch Kostenüberlegungen eine Rolle spielen: 250 Euro für die eigene aktive Partnersuche auszugeben ist zunächst verführerischer als den 10-fachen Betrag für eine passive Partnersuche zu zahlen.
Ob es klug ist seitens einer persönlichen Vermittlerin die „Partnervermittlung im Internet für unseriös“ zu halten und zu behaupten „Da wird doch gelogen, was das Zeug hält“? Meiner Meinung nach ist es nie gut, den Wettbewerber zu verunglimpfen. Jeder hat seinen Platz, und jeder kann seinen Anteil vom großen Kuchen abschneiden. Zumal nichts so beständig ist wie der Wandel: Auf das Abdriften der Heiratsinstitutskunden in die Anzeigenspalten folgte der Niedergang der Heirats- und Bekanntschaftsanzeigenkunden ins Internet. Aber auch „das Internet“ ist für viele nicht der Weisheit letzter Schluss, und ob die derzeitigen Giganten des Webs, die sich gegenseitig enorme Werbeschlachten liefern, am Ende als Sieger dastehen? Wir wissen es auch nicht – aber wir beobachten es.