Die Geheimnisse der Partnerübereinstimmungstests
Zunächst gestatten sie mir bitte eine höchst peinliche Anmerkung: Es gibt keine wissenschaftlich abgesicherten, allgemein anerkannten Partnerübereinstimmungstests. Alles, was Sie hier lesen, ist also eine Art Bestandsaufnahme dessen, was besteht und benutzt wird – und von dem man behauptet, es sei nützlich für den Partnersuchenden. Zudem muss ich Ihnen von einem Paradoxon berichten: Die Einzigen, die ständig mit sogenannten Partnerübereinstimmungstests umgehen, sind die im Internet tätigen Partneragenturen, wie beispielsweise Parship, ElitePartner und Partner.de , aber ausgerechnet sie schweigen größtenteils über die Chancen und Risiken, Fortschritte und Rückschläge, die sie mit diesen Tests erlebten. Die einzige löbliche Ausnahme stellte, wie Sie alle noch lesen werden, PARSHIP dar. Das Unternehmen hielt sich zwar branchenüblich zurück, was genaue Daten angeht, gab aber erstaunlich viele Fakten preis, anhand derer wir uns ein Bild machen konnten, was hinter den Kulissen tatsächlich passiert.
Mit Erkenntnissen aus den 1960ern ins Jahr 2010?
Die Liebepur wollte ja nicht einfach wissen, auf welchen wissenschaftlichen Grundlagen die Partnertests basierten – sondern wir wollten eine ausführliche Erläuterung, ob und wie die Ergebnisse überprüft werden und welche Matchingkriterien tatsächlich relevant sind. Wir gingen dabei nicht nur davon aus, dass sich die Welt zwischen der Erstellung der Grundlagen (gegen 2000) und heute, also 2010 gewandelt hatte. Wir wussten vielmehr bereits im Vorfeld, dass die behaupteten Methoden und Erkenntnisse des Jahres 2000 teilweise aus den 1960er Jahren stammten und keinesfalls für die Partnersuche entwickelt wurden. Daraus ergibt sich: All diese Programme und Tests mussten sich erst an der Praxis der Jahre 2000 bis 2010 beweisen – und bei Unternehmen, die darüber nicht berichten wollten, müssen wir nun annehmen, dass man sich weitgehend auf der „faulen Haut ausruht“.
Zurück zu den Wurzeln statt Stochern im Psycho-Nebel
Lassen Sie mich generell etwas zu der Vorgehensweise sagen, die ich hier gemeinsam mit einigen Freunden verfolgt habe: Ohne psychologische Vorkenntnisse und einen gesunden Sinn für Pragmatismus kommt man nicht aus. So war es auch für uns nötig, zu den Wurzeln zurückzukehren: Der Pragmatismus der alten Partnervermittler wurde dabei nie aus den Augen verloren, wenn große Namen der Psychologie oder die bekannten psychometrischen Verfahren genannt wurden. Wir haben sorgfältig hingesehen, was behauptet wird und was nach Abzug der Nebelschwaden tatsächlich übrig blieb.
Lassen Sie mich dies bereits heute als Ergebnis festhalten:
Die wissenschaftlichen Grundlagen sind nicht das einzige Kriterium für einen Test. So ist es völlig sinnlos, ein vollständiges Persönlichkeitsbild des Partners erstellen zu wollen – wichtig ist allein, die Informationen zu gewinnen, die für eine Partnerschaft relevant sind. Solche Grundlagen können nicht alleine durch „Persönlichkeitsmerkmale“ gewonnen werden, da solche Merkmale für Partnerschaften nur bedingt relevant sind.
Vom Kunden lernen – offenbar fast überall ein Fremdwort
Selbst wenn die Tests selber einerseits wissenschaftlich genug und andererseits pragmatisch an der Partnerschaft orientiert sind, sagen sie noch gar nichts über die Übereinstimmung zwischen Partnern aus. Das gesamte Regelwerk der Partnerübereinstimmung beruht zunächst nahezu ausschließlich auf Annahmen. Die Übereinstimmung funktioniert immer dann am besten, wenn sich angebliche „wissenschaftliche“ Erkenntnisse mit den Grunderfahrungen gestandener Partnervermittler paaren und die Übereinstimmungskriterien ständig nachgebessert werden. Ich möchte an dieser Stelle einen Satz aus meinem Repertoire anbringen: Partneragenturen sollten es sich zur Regel machen, von ihren Kunden zu lernen, statt die Kunden mit ihren Matchingregeln zu gängeln.
Wie sind eigentlich die tatsächlichen Chancen?
Ein Problem, das wir nicht weiter beleuchtet haben, das aber sicherlich vorhanden ist: Manche Menschen scheinen aufgrund ihrer Eigenschaften zu vielen anderen zu passen, ander aber zu sehr wenigen. Die Chancen, wirklich geeignete Empfehlungen zu bekommen, sind also unterschiedlich. Keine der Agenturen sagt dies – und keine der befragten Agenturen sagt deutlich, dass es einige Menschen gibt, die überhaupt nicht in das Raster der elektronischen Partnerübereinstimmung passen. Kaum jemand gibt zu, dass bereits der Persönlichkeitstests bei manchen Menschen zu mehrdeutigen Ergebnissen führt, die hart an der Grenze der elektronischen Vermittelbarkeit liegen – Fragen dazu wurden von fast allen Unternehmen ignoriert.
Erfolg ist messbar – nur wo bleiben die Messungen?
Wir haben – zugegebenermaßen – eine Fangfrage gestellt, die von den Unternehmen nicht beantwortet wurde, obgleich sie die beste Möglichkeit gewesen wäre, die eigenen Erfolge aufzuzeigen. Wir fragten danach, wie wahrscheinlich die Übereinstimmung zwischen den Partnern mit einem reinen Zufallsgenerator sei. Dies wurde wohl als Polemik gewertet, hätte aber eine Antwort nach sich ziehen können: Aus den Ergebnissen des Tests mit einem Zufallsgenerator und den tatsächlich gefundenen Matches anhand des Partnerübereinstimmungstests hätte sich eine Quote ergeben, die etwas über die Qualität des Matchings aussagt. Wäre dann noch ein bestimmter Kreis von Testpersonen befragt worden, welche Auswahl den eigenen Bedürfnissen besser entsprochen hätte – ja, dann hätte man wohl die Daten gehabt, die für oder gegen die Qualität des eigenen Verfahrens sprechen.
Fazit: Die Matchingkriterien machen den Erfolg aus
Zurück zum Fazit: Ganz generell lässt sich schon jetzt sagen, dass der Persönlichkeitstest zwar eine wichtige Grundlage ist – dass aber verlässliche Übereinstimmungskriterien der interessantere Teil des Verfahrens sind. Zwar kann keine Übereinstimmung besser sein als die Grundlagen – aber auch aus wenigen zutreffenden Grundlagen kann ein hervorragendes Matching abgeleitet werden. Dieses Matching ist der eigentlich Träger der Erfolgsgeheimnisse – und er bleibt geheimnisvoll, weil er nicht vollständig wissenschaftlich untermauert werden kann, sondern zumindest teilweise nur aus der Praxis abgeleitet werden konnte.
Bitte: Kein Nachdruck und keine Veröffentlichung, auch auszugsweise, ohne Quellen- und Autorenangabe. Text © 2010 by Gebhard Roese
Anmerkung: Dieser Artikel gehört zu einer Serie, in der wir über Sinn und Unsinn der Verfahren berichten. Wir danken den Firmen, die zu Auskünften bereit waren, für die zur Verfügung gestellten Informationen.
Der nächste Artikel zum Thema erscheint am 19 Juli 2010 unter dem Titel: „Partnerübereinstimmungstests – Wer nennt die Namen?“ Die Kategorie wurde auf „Partnertests“ verändert.
Ich empfehle Ihnen auch den vorausgegangenen Artikel: „Wie aktuell sind Partnertests eigentlich“ , Auszüge daraus werden am 26. Juli hier noch einmal wiederholt und vereinfacht dargestellt als „Partnertester kochen mit Wasser“.