Fußball und Liebe
Heute beginnt die Fußballweltmeisterschaft in Südafrika – und gestern in Johannesburg gab es im ZDF außer einem von der Moderation offenbar überforderten Thoma Gottschalk auch noch einen äußert dynamischen anglikanischen Ex-Bischoff im Fan-Outfit zu sehen. Der 78-jährige Desmod Tutu ließ sich nicht nehmen, der Welt zu sagen, dass sie nun zurückgekommen wäre an die Wiege der Menschheit: Afrika.
Wer Tutu gestern gesehen hat, der bekam einen Eindruck vom Anderssein Afrikas – es lehrt uns, dem Leben ein paar Seiten abzugewinnen, von denen wir alle nur noch vom Hörensagen kennen: Sich Zeit füreinander zu nehmen oder stolz zu sein auf kleine und kleinste Erfolge. Aber auch: sich der Geliebten ganz und gar hinzugeben und sie noch wirklich zu genießen – oder eben dem Geliebten nichts als Genuss zu schenken.
Nur im Fußball sind die Regeln überall gleich – in der Liebe allerdings keinesfalls. Man könnte darüber kalauern, wie viele Freistöße man dem Partner gewährt, aber im Grunde ist das Thema dafür zu sinnlich. Wir Europäer haben uns so sehr an Regeln gewöhnt, dass wir am liebsten auch noch einen regulierten Partnermarkt hätten. Aber wäre es nicht besser, wir würden unser Katalogdenken und unsere Traumpartner-Illusionen begraben?
Afrika bietet uns die Möglichkeit, nachzudenken. Die Fußball-WM ist merkwürdigerweise ein wundervoller Anlass dazu, einmal zu prüfen, ob maßgeschneiderte Persönlichkeiten mit Garantiescheinen wirklich so erstrebenswert sind.
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