Das „echte Szenario“ und die Wissenschaft vom Kennenlernen
In den letzten Monaten erleben die Kenner der Dating-Szenerie ein merkwürdiges Phänomen: Eine mit vielen Zweifeln behaftete neue Kennenlern-Methode, das Speed-Dating, wird zu angeblich „wissenschaftlichen“ Zwecken genutzt. Dabei wird eine Videoaufzeichnung eine solchen Speed-Datings benutzt, die inzwischen schon von mehreren Forschern bewertet wurde.
Das Interessante daran ist, wie die Wissenschaftler das Speed-Dating selber sehen. Diese Sichtweise stammt aus einer renommierten Wissenschaftszeitschrift:
Jens Asendorpf und seine Kollegen untersuchten nun die Reaktion in einem echten Partnerwahlszenario.
Nun, klingt doch gut, oder? Ich gebe zu, den wesentlichen Teil zunächst ebenfalls überlesen zu haben: das “echte Partnerwahlszenario“. Mich erstaunt nicht, dass Wissenschaftler Speed-Datings für „echte“ Partnerwahlszenarien halten: Der Glaube versetzt bekanntlich Berge. Es wäre aber natürlich interessant, wenn sich die Wissenschaftler darüber informiert hätten, wie viele „echte Partnerwahlen“ denn aus Speed-Datings herauskommen.
Was die Wissenschaftler mal wieder „herausgefunden haben“, ist absolut banal: Nach Auskunft der Forscher stieg der Wunsch bei männlichen Probanden, die Frau im Video für sich selbst zu begehren, „deutlich an“, wenn die Frau im Video ihren Speed-Dating-Partner wiedersehen wollte, allerdings nur dann, wenn der Video-Mann als ebenso attraktiv eingestuft wurde wie sich der Beobachter selbst einstufte. Verkürzt: Wenn eine Frau einen Mann interessant findet, finden ähnlich attraktive Männer in derselben Umgebung diese Frau ebenfalls interessant.
Ja – sehr interessant, nicht wahr? Nur leider absolut banal und letztendlich völlig bedeutungslos für die menschliche Gesellschaft.
Zitat aus „Bild der Wissenschaft“