Das erste Mal – schlimm für Frauen?
Der SPIEGEL veröffentlichte gerade einige Auszüge aus dem Buch „Sex, Liebe oder was? – Jungen und Mädchen erzählen von ihrem ersten Mal“ von Jutta Vey. Nichts gegen Frau Vey und nichts gegen das Buch: aber wirklich schlauer geworden über die Gefühle der Jungen und Mädchen, die darin geschildert werden, bin ich zumindest aus den im SPIEGEL veröffentlichten Auszügen nicht. Ein paar dahingeplapperte Geschichten, die teils einen dramatischen Hintergrund haben. Der wird uns zwar mitgeteilt, aber eben nicht übermittelt – alles liest sich wie ein Bericht über die Verkehrslage auf der A3.
Abgesehen davon: Nicht nur Mädchen habe ihr „erstes Mal“ – Jungen auch. Es war sicher zu erwarten, dass man von ihnen noch viel weniger erfahren würde als von den Mädchen, aber dennoch: Die Welt gehört nicht nur den Frauen, und nicht nur sie sind verwirrt und verängstigt, wenn es um das „berühmte“ erste Mal geht – denn eigentlich gibt es in der Liebe viele erste Male.
Auf Amazon gab es – wie zu erwarten war – fast nur positive Kritiken des Buches – doch eines fällt bei vielen Rezensionen auf: Man hört förmlich die Erleichterung aus den Zeilen heraus, dass “unsere Jugend gar nicht so schlimm ist“ wie sie in manchen Medien dargestellt wird. Na klar, was dachten denn Sie? Haben Sie etwa das dümmliche Geschwätz von der „Generation Porno“ geglaubt, das Ihnen sensationslüsterne Journalisten ins Nest gelegt haben?
Es mag übrigens durchaus sein, dass die Jugendlichen, mit denen Frau Vey gesprochen hat, ihre wirklichen Gefühle noch gar nicht schildern konnten – sie waren auch zum Zeitpunkt der Interviews noch viel zu befangen vom Erlebnishunger der Jugend, und dies entspricht ganz der These, die ich auch hier vertrete: Mit unter 20 Jahren kann man Sex haben, verliebt sein und erproben, mit Verantwortung umzugehen. Aber die Kunst, in Körper, Geist und Seele zu lieben und dabei mit seiner ganzen Person dahinterzustehen, wird zumeist erst von Menschen ab 25 beherrscht – wenn nicht erst viel später.