Die Ehe ist wieder das Ziel
Die Ehe, die ganz gewöhnliche Ehe, ist wieder das Ziel vieler Frauen – auch wenn mich der Satz „wir treten vor den Altar“ im Artikel von Susanne Leinemann in der WELT mehr als befremdet, denn Ehen werden vor dem Altar bestenfalls religiös bekräftigt, nicht aber geschlossen. Trotz alledem halte ich den Artikel für lesenswert – denn in der Tat ist die Ehe ausgesprochen wichtig und sie sollte eigentlich auch ein Leben lang halten. Dieser Anspruch ist allerdings hoch und er gelingt nur wenigen Menschen, und noch vor einem immer wieder aufkommenden Klischee muss gewarnt werden, das auch im Artikel durchschimmert: Angeblich sind es ja immer die Männer, die aus der Ehe ausbrechen wollen. Das ist, mit Verlaub, realitätsfremd und orientiert sich an irgendwelchen „Promis“, über die auch diese Autorin offenbar gerade gelesen hat. Wenn Sandra Bullocks Mann oder Elin Nordegrens Mann sich anderwärts trösten, dann ist dies immer noch ihre Privatangelegenheit, und ob man hier mit der emotionalen Keule um sich hauen muss (“welche Demütigung“, „ein „Albtraum für eine Frau“). Nun, der Artikel ist lang – und dies sind die einzigen Eskapaden von Frau Leinemann in den Stil des Boulevardjournalismus, denn ab diesem Punkt wird sie wieder absolut pragmatisch:
Doch eine Affäre, eine einzige, vielleicht sogar zwei – das muss eine Ehe nicht endgültig zerstören. Selbst wenn alle davon wissen.
Am besten gefallen hat mir die historisch richtige Einschätzung der Ehe:
Noch nie gingen Frauen und Männer so freiwillig den Bund fürs Leben ein wie heute. Wir haben unser Ehe-Schicksal selbst gewählt, keine Umstände haben uns dazu gezwungen.
Das ist gut und richtig, und vor allem junge Frauen sollten es zwei Mal lesen, denn noch die Großmütter hatten diese Chance nicht: Die 1950-er und 1960-er Frau war in der Ehe nur im Ausnahmefall berufstätig, und für die Urgroßmutter „gehörte es sich nicht“, in der Ehe einen Beruf auszuüben.