Diese Woche (12/2010) in Dating: Millionenspiel und Körperkontakt
Der gelegentliche Blick in die Realwelt und drei Tage ohne Computer mit vielen Spaziergängen und wenig Stress hat etwas für sich: Man begegnet wieder dem einfachen Denken, Fühlen und Handeln. Thema Nummer eins ist jeden Tag, wie man seinen Alltag bewältigt, wenn man berufstätig ist, Thema Nummer zwei das Wohlergehen und erst dann folgen solche Marginalien wie beispielsweise das Dating.
Inzwischen ist der Frühling eingekehrt – in Budapest werden die Bänke und Wiesen der Parks dann sofort von jungen Leuten belegt, die die ersten wirklich intensiven Sonnenstrahlen mit ihrer Liebe genießen. In Deutschland (ich habe stets den Vergleich) sieht man dies bei steigenden Temperaturen allerdings selten. Wie auch immer: Hört, der Frühling ist da. Auch wenn die Wissenschaft sagt, dass Sie alle gar keine Frühlingsgefühle haben – hören Sie lieber auf ihren Körper.
Übrigen stellte ich fest, dass in früheren Jahren oft erst der Körperkontakt hergestellt wurde, bevor man intensiv miteinander sprach. Das Stichwort heißt: Miteinander tanzen – wirksam, so dachte ich immer, seien vor allem der Stehblues oder Slowfox – aber natürlich ist der Tango bei Weitem erotischer.
Die Meldung der Woche zuerst: Die BITKOM will über ein Volksbefragungsunternehmen festgestellt haben, dass „neun Millionen Deutsche“ im Internet ihren Partner finden. Sie alle wissen vermutlich, was ich von solchen Befragungen halte, aber als Zahl macht sich die Sache natürlich gut: Wow, 9.000.000 Deutsche – die muss man sich mal in einer Reihe aufgestellt vorstellen, nicht wahr? Oder die 4.500.000 Paare, die daraus entstehen könnten? Da würde sich die Familienministerin aber freuen, wenn diese Zahlen wahr wären.
Andere Zahlen lassen einen ganz schwummrig werden – Wirtschaftszahlen zum Beispiel. Wer den Umsatz namhafter Unternehmer im Bereich der Online-Partnervermittlung in Relation zu den Werbungskosten setzt, der muss aufpassen, dass ihm nicht schwarz vor Augen wird. Die Werbeschlacht um den letzten Single, der noch nicht online sucht, hat begonnen.
Bei den Singlebörsen wird das Dating leider oftmals zum Spiel – da versuchen wir zwar noch dagegen zu halten, aber Zeittrends sind nun einmal Zeittrends, den ich aus mehrfacher Hinsicht sehr bedaure: Jede Minute, die man mit herumspielen verplempert, geht an Ausbildung, Bildung oder Existenzsicherung verloren – und wer Dating als Selbstzweck ansieht, der verliert nun einmal. Es sei denn, er würde Bücher schreiben – je gemeiner und oberflächlicher sie sind, umso mehr locken sie die Leserschaft an.
Um es noch einmal deutlich zu sagen: Schäkern ist immer Schäkern, und Flirts sind Spiele mit den Möglichkeiten, und die Freude an der Partnersuche soll niemandem genommen werden – doch es ist Schade, wenn das wichtigste im Leben, die Partnersuche, auf Flohmärkten verramscht wird – und dieser Eindruck entsteht leider im Moment. Wenn man eine Sex-Hotline für Spieler inzwischen schon „Dating“ nennt – dann sind wir weit heruntergekommen.
Wie weit die Redaktion von „Computerbild“ bei der Beurteilung von Singlebörsen gekommen ist, wissen wir nicht – jedenfalls hörten wir aus einer gewöhnlich gut unterrichteten Quelle, dass gestern bei Computerbild die Telefone heiß liefen: Man hatte ausgerechnet ein sehr biedere und bislang als ausgesprochen sicher geltende Webseite abgewertet und zudem nach weiteren Insiderquellen Behauptungen über ein anderes Unternehmen aufgestellt, die nicht zutrafen. Bereits die zuvor lancierte Pressemitteilung kam uns etwas merkwürdig vor.
Diese Woche in Aufklärung: Wir beschäftigen uns mit dem liebsten Irrtum der Deutschen: dem Fetisch. Und wir sagen, warum man keine sexuelle Orientierung braucht, sondern nur ein gutes Verhältnis zur Sexualität – gleich, ob man „hetero“ oder „homo“ ist.
Diese Woche in Presse: was der Geschlechtsverkehr in einer Kirche wirklich kostete und was die Liebepur darüber herausfand – und ein Papierkorb voller Presseabfall, den nicht einmal ich mehr erwähne: Seitensprungrechtfertigungen und Nischenbörsenmüll. Wobei mir ein Anliegen ist: Reden Sie mit mir, wenn Sie etwas zu sagen haben – und wenn Sie nichts zu sagen haben, dann behalten Sie es um Himmels willen für sich.
Vielleicht machen ja auch wir ja etwas falsch – jedenfalls bewies neulich eine Webseite, wie man mit gar keinen eigenen Aussagen und ein bisschen Simpel-Grafik Leser aka Begucker anlocken kann. Das habe ich aufgegriffen und die entsprechende Grafik finden Sie natürlich auch bei uns mitsamt der Lieblingslügen der Partnersuchenden.
Ja, sehen Sie – und so sind wir in den Frühling gegangen. Falls Sie unser Schwestermagazin „mehrhaut.de“ bislang gelesen haben – wolle Sie es vielleicht übernehmen? Wir haben immer weniger die Tendenz, uns mit der Nacktheit von Stars und Sternchen zu beschäftigen oder sonstige Kuriositäten aus dem Sexleben in die Welt zu streuen. Übrigens, bevor ich es vergesse: Man kann bei uns und in der Liebepur und in der Liebeszeitung ganz vorzüglich werben.