Beziehungshellseher: gleich und gleich – sehr zweifelhaft
Der Volksmund, den ich heute noch einmal zitieren will, kann durchaus kontrovers sein, denn er sagt sowohl „gleich und gleich gesellt sich gerne“, wie auch „Gegensätze ziehen sich an“. Fragt sich: auch in der Liebe?
Man kann es flapsig beantworten: Nichts ist so gegensätzlich wie Frau und Mann – und dennoch ziehen sich beide an. Doch beantwortet dies die Frage? Auf keinen Fall. Die Psychologie, jene Unheilswissenschaft, die auf alles Antworten hat, bevor wir überhaupt Fragen gestellt haben, weiß es genau. Gleich und gleich – und sie bestimmt dann auch noch, was „gleich“ zu sein hat. Psychologische Partnertests nennt man dies – uns für die gibt es einen besonders geeigneten Ort: Mülleimer.
Was wirklich übereinstimmt, muss nicht zwangsläufig „gleich“ sein. Jemand kann sehr ähnliche Empfindungen wie ein anderer haben, ohne dass beide jemals „gleich“ wären – und sie können dennoch gut miteinander auskommen. Wichtig ist, dass beide bei allen Unterschieden ähnliche Lebensziele haben – und bereit sind, diese gemeinsam zu verwirklichen.
Gleich und gleich? Schön, wenn beide in sich geschlossene Persönlichkeiten sind und ihre Ziele weitgehend Sachziele sind. Die meisten guten Lebensgemeinschaften funktionieren freilich nicht so: Der eine muss die Defizite des anderen mit seinen Stärken ausgleichen – und das Spiel muss in beide Richtungen funktionieren – dann gibt es einen Grund zusammenzubleiben. Gleich und gleich? Wir kennen kaum Lebensbereiche, in denen zwei gleich starke Partner dauerhaft in eine Richtung drängen und dabei gemeinsam mehr erreichen als es der Einzelne könnte – und dann soll so etwas in der Ehe funktionieren?
Mag sein, dass ich nicht Recht habe. Aber haben die Psychologen Recht mit ihrem Gleichheitsgedöns? Ich behaupte: Alle Onlinetests können nur eines – oberflächliche Gemeinsamkeiten feststellen – und das ist für ein Leben zu zweit viel zu wenig.
Unsere Wochenthema „Beziehungshellseher“