Tiger Woods? Ja, sind wir denn im Dschungel?
Lassen Sie mich mal dies sagen: Eine Presse, die so gut wie täglich Kohle damit macht, an der gegenwärtigen Seitensprungeuphorie zu partizipieren, sollte vorsichtig sein, wenn sie plötzlich moralisch wird.
Sehen wir es doch mal so: Spitzensport ist nur zum Teil Sport, der Rest ist gigantisches Schaugeschäft. Die Leute, die darin arbeiten sind zum großen Teil ganz gewöhnliche Emporkömmlinge, die so nur eines wirklich gut können – ihre Sportart betreiben. Ansonsten sind sie Menschen wie alle anderen auch. Nur Sportfunktionäre und Politiker versuchen, sie zu „Vorbildern für die Jugend“ umzufunktionieren. Sie eignen sich dafür zum größten Teil wirklich sehr schlecht – warum sollten sie auch moralsicher sein? Es gibt keinen Grund dafür.
Jetzt also hat es Tiger Woods erwischt – Seitensprünge, Affären oder was auch immer. Na und? Dann hatte er eben welche. In einer Zeit, in der sich jedes Lieschen Müller bei Seitensprungagenturen anmelden kann und vielleicht auch noch stolz darauf ist, kann man dies dem Tiger nicht verwehren.
Also bitte: Sind wir denn im Dschungel, wo man Tigerjagd betreibt? Oder sind wir bei der Gutmenschenschaft, die sich jetzt selbstherrlich auf die Schultern klopft und mit Zeigefingern auf den Tiger zeigt?
Im Grunde ist es doch so, dass so gute wie alle Zeitungen in Deutschland kaum noch scheuen, auf das Niveau von Boulevardblättern zurückzufallen, wenn ein Profisportler mal daneben tritt. Das scheint mir der einzige Grund zu sein, warum überhaupt über Herrn Woods berichtet wird.