Neu.de in der Mauser – oder ciao, Ciao-Bewertungen
Der italienische Gruß „ciao“ („tschau“) wird in Deutschland nur bei der Verabschiedung verwendet, und unsterblich wurde er wahrscheinlich durch Enrico Modugnos „Ciao, ciao Bambina“ (Piove).
Lassen Sie mich zunächst einmal ganz generell sprechen – der Wert des Bewertungsportals „Ciao“ ist umstritten, zumal wenn es um Dienstleistungen geht. Einem Teil der dort befindlichen angeblichen „Tester“ muss man ein gestörtes Verhältnis zu den Begriffen „Leistung“ und „Kosten“ unterstellen. Wäre man genügend böswillig, so könnte man sagen: Wer selbst nichts leistet, erkennt auch die Leistungen anderer nicht an. Bei Dating-Anbietern ist man da ganz schnell mit der Tastatur: Wenn etwas Geld kostet, erscheint es den sogenannten „Testern“ suspekt, und dann ist auch das Wort „Abzocke“ nicht weit.
Erst Pionier, dann auf dem Prüfstand: neu.de
Wie ist nun „neu.de“ zu beurteilen? Als junges Unternehmen angetreten, ging man voller Elan in einen Markt, der noch alles andere als etabliert war: „Trial and Error“ war die Devise vieler Unternehmen, die an den großen Kuchen der Beziehungssuche heranwollten. Damals war noch gar nicht so sicher, ob mit der Sache wirklich Geld zu verdienen wäre. Dennoch gründete man im Jahr 2002 neu.de als Joint Venture der Cynobia AG mit der Ströer Neue Medien Beteiligungsgesellschaft und ging noch im selben Jahr online. Einer der Hauptkonkurrenten war damals PARSHIP, ein Unternehmen, das auf einem anderen Konzept basierte, aber die gleiche Zielgruppe im Auge hatte.
Um schnell Kunden zu gewinnen und das Konzept attraktiv zu halten, konnten sich Frauen zu Anfang kostenlos Partner suchen, und auch Männern standen zahllose Funktionen zur freien Verfügung – nur gewisse Premiumfunktionen kosteten Geld – aber auf sie konnte man damals auch noch verzichten.
Die Probleme der Vergangenheit
Die Probleme bei „neu.de“ entstanden vor allem daraus, dass man zu schnell zu groß werden wollte, wobei man lange Zeit die Qualität außer Acht ließ – zu lange Zeit, wie viele meinen. Hinzu kam, dass sich das Unternehmenskonzept zu schnell änderte: Man wollte absolut auf den „Web 2.0“-Zug aufspringen und den Eindruck vermitteln, eine „social community“ zu sein.
Es dürfte klar sein, dass damals ein paar Leute sauer wurden, die das Brimborium nicht mitmachen wollten – und entsprechend reagierten. Zudem musste neu.de (wie im Übrigen alle Marktteilnehmer) mehr und mehr mit „Fake-Profilen“ kämpfen – also Mitglieder, die unter falscher Flagge segelten und in Wahrheit nichts wollten, als die Mitglieder auf gefährliche Abzock-Wege zu bringen.
Neu.de ist wieder wie neu
Nach der Übernahme durch Meetic allerdings wurde neu.de wirklich wieder wie neu – und mit dem Konzept, mit den man heute aus der Mauser herausgekommen ist, lässt es sich wirklich leben. Die kleinen Eckchen, die noch stören, sind leider fast unausrottbar: Die Mitgliederzahlen („Wir sind fünf Millionen“ haben den gleichen Wahrheitsgehalt wie bei der Konkurrenz auch: „Seid umschlungen, Millionen“ steht in der Werbung – und nur der Buchhalter allein weiß, wie viel zahlende Mitglieder tatsächlich dahinter stehen.
Doch zurück zu Ciao: Firmen ändern sich und ihre Produkte ändern sich auch – aber Ciao ändert sich nicht – und das ist eigentlich schade.
Noch Bedarf an dne 1950er Jahren? Dann bitte: PIOVE.