Astrologie als Charakterkunde für Damenkränzchen
Astrologie ist der bei Weitem verbreitetste Volksaberglaube. Er beinhaltete eine Art Vulgärpsychologie, die als Charakterkunde für Damenkränzchen auch heute noch eine gewisse Bedeutung hat.
Wie bei allen Volksglauben, müssen die Dinge einfach sein: Widder sind so, Jungfrauen sind so. Die Tatsache, dass Vererbung, Herkunft, Erziehung und Sozialisation und andere Umstände das Charakterbild eines Menschen prägen, wird ignoriert. Interessant ist, dass Menschen, die nicht einmal in der Lage sind, eine einzige wirklich an ihnen existierende Charaktereigenschaft zu benennen, genau wissen, welche sie als „Zwilling“ oder „Waage“ haben.
Kein Wunder, dass auch die Singlebörsen und sogar Online-Partnervermittlungen solche Begriffe strapazieren, wie jetzt gerade wieder in einer Pressemitteilung der Fall war, in der es heißt „Besonders interessant sind Sternzeichen vor allem dann, wenn es um die Wahl eines möglichen Partners geht.“ Das hauseigene Orakel dichtet dann dazu: „Analysen haben gezeigt, dass darauf aufbauend, bestimmte Kombinationen von Sternzeichen eine Beziehung durchaus beflügeln können“ .
Allerdings ist die „offizielle“ Vulgärpsychologie der Wissenschaftler häufig noch lächerlicher als die Astrologie. Kürzlich behauptete eine aus Büchern bekannte US-amerikanische Anthropologin, dass sich die Charaktermerkmale, die für eine passgenaue Beziehung nötig sind, auf vier Standardtypen reduzieren lassen.
Wer wirklich „passt“? Das sagt Ihnen kein Orakel, keine Astrologie und keine Vulgärpsychologie. Wer „passt“, muss in Ihren Lebensplan passen. Die Eigenschaften des anderen Menschen sollten dabei die Ihrigen so ergänzen, dass beiden daraus ein Gewinn zuwächst, den man gemeinsam genießen kann. Der Rest ist das, was heute immer als „die Chemie“ bezeichnet wird – die wohltuende, beflügelnde Anwesenheit des Anderen. Die Liebe habe ich nicht vergessen – sie ist ja der Stoff, der nötig ist, um überhaupt zusammen zu kommen.